Kolumne Geht's noch?: Freizeitplanungsministerium stürmen!
Wer Schulferien auf Mitte Juni legt, verbreitet unter Kindern und Eltern Angst und Schrecken. Eine Facebookparty könnte für Abhilfe sorgen.
N iemand versteht sich besser auf die Freizeitplanung als der deutsche Beamte. Und so kommen die Kinder und Eltern in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Hamburg derzeit in den Genuss einer behördlichen Frühferienverordnung, die zur Folge hat, dass alle im August, dem traditionell heißesten Monat in Deutschland, wieder stundenlang in Schulen und Büros hocken werden.
Im August bei 35 Grad nicht frei haben. Das ist hart. Kaum Überschneidungen mit den Ferien in anderen Bundesländern. Das ist nicht gut. Doch das Hauptproblem des frühen Ferienbeginns ist ein anderes. Ein Maximum an Organisationsstress trifft auf ein Minimum an gutem Wetter.
Alle Sommerfeste und Saisonabschlussfeten werden vorverlegt. Schule, Kindergarten, Sportverein, Chor, Sammlerclub, was auch immer – jede Veranstaltung muss vor den Ferien stattfinden, weil man sonst die Leute nicht mehr zusammenbekommt.
ist Chef vom Dienst bei taz.de. Maik Söhler auf Twitter.
Und so eilen wir seit Wochen von Buffet zu Buffet, von Grill zu Grill und von Ansprache zu Ansprache. Weil so wenig Zeit ist, kommen sich alle Termine in die Quere, müssen verlegt und wieder verlegt werden. Mailprogramme laufen über, Doodle-Dateien wachsen schneller als Ablagehaufen im Freizeitplanungsministerium, Excel-Tabellen werden mit Zuständigkeiten für Grillanzünder und Kartoffelsalat gefüllt, bis sie platzen.
Endlich steht alles, passt alles, ist alles bereitet – und das Wetter spielt nicht mit. Weil das bei Sommerfesten im Frühlingsmonat Mai nunmal so ist. Das Fußballspiel Eltern gegen Kinder wird vom Winde verweht, beim Picknick singt der Chor im Regen, bei 10 Grad unter der notdürftig gespannten wasserabweisenden Plane kommt kein Kind der Abschlussklasse 6c ohne Erkältung heim.
Deutlich lauter und unflätiger als Gernot Hassknecht in der „Heute-Show“ möchte man die Verantwortlichen anschreien. Namen müssen her und Adressen, damit ein wütender Eltern-und-Kinder-Mob die richtigen Ziele für seine Verachtung findet. Eine Facebook-Party in allen beteiligten Institutionen des Bildungsföderalismus sollte drin sein, eingeladen sind auch alle Hamburger und Berliner Touristengruppen samt Rollkoffern, die zum frühen Ferien-Wohnungstausch gekommen sind. Dann hat der deutsche Beamte endlich anderes zu tun, als anderleuts Freizeit zu verplanen.
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