Kolumne Fernsehen: "stern TV", ich bin bereit!
Falls Sie beim Lesen dieser Kolumne einschlafen, bin ich der letzte, der Ihnen Vorwürfe macht.
H aben Sie schon "Inception" gesehen? Toller Film, oder? Das haben zumindest zwei Freunde gesagt, auf deren Urteil ich mich für gewöhnlich verlassen kann.
Und in diesem Fall auch muss. Denn ich geh da nicht mehr rein - weil ich schon drin war. Gesehen habe ich den Film trotzdem nicht, zumindest nicht ganz, nicht so, dass ich jetzt unfallfrei erklären könnte, wie das mit diesen verschiedenen Traumebenen, die Christopher Nolan sich da ausgedacht hat, genau war. Ich bin nämlich eingeschlafen - gleich mehrfach, mal wieder. Das Gespräch meiner beiden Freunde nach dem Film habe ich nur mit halbem Ohr mitgehört, als ich gemerkt habe, dass es meine Verwirrtheit nur verstärkt. Zum Glück war Kinotag.
Wesentlich günstiger und auch noch etwas bequemer ist es trotzdem, auf dem Sofa vor dem Fernseher einzuschlafen. Auch von dieser Möglichkeit mache ich ausgiebig Gebrauch - am Mittwoch erst wieder: Ich war nach Ewigkeiten mal wieder einen ganzen Abend zu Hause und gewillt, mir von meinem schönen neuen Fernseher ein bisschen Lebenszeit stehlen zu lassen. Beim Zappen ist mir Marijke Amado begegnet (ja, die gibt's noch), die gegen Sonja Zietlow im "NRW-Duell" unterlag, obwohl Zietlow Thüringen für das bevölkerungsärmste deutsche Bundesland hielt; ein Hoteldirektor, der sich die Haare schneiden ließ; Franz-Josef Antwerpes (auch der ist unverwüstlich), der im Rahmen eines Formats namens "Das bewegt NRW" irgend einen Quatsch über "die beliebtesten Schauspieler Deutschlands" in die Kamera brabbelte, genau wie andere unterbeschäftigte "Promis", die der WDR sich leisten kann; und last but not least ein als Homeshopping-Moderatorin getarntes "Heimwerkerschweinchen", das Kärcher an den Mann bringen wollte. Dann nickte ich weg. Man kann von Gnade sprechen.
Und trotzdem wäre es zu einfach, das deutsche Fernsehen für diesen wiederholten Blackout verantwortlich zu machen - auch wenn es sich an jenem Abend wahrlich nicht von seiner Schokoladenseite präsentiert hat. Ich habe mich aber zum Komplizen gemacht. Genauso hätte ich ja auch den Fernseher auslassen können - und über einem Buch einschlafen. Klingt romantischer, kommt aber aufs Gleiche raus. Auch das Buch wäre nicht schuld.
David Denk ist Medienredakteur der taz.
Vielmehr handelt es sich um eine von der Wissenschaft bislang sträflich vernachlässigte Erbkrankheit (Im Grunde spekuliere ich mit dieser Kolumne nur auf eine Einladung zu "stern TV"). Ich habe das von meiner Mutter. Im Kino übersteht sie nur mit viel Glück Werbung und Trailer. Dann höre ich von der Seite ihr gleichmäßiges, mitunter etwas geräuschvolles Atmen. Ein kleiner Stoß in die Rippen genügt in der Regel, um sie zurückzuholen - für zwei, drei Minütchen. Ich bezweifle, dass meine Mutter in den letzten 20 Jahren einen Film in kompletter Länge gesehen hat. Ich schon, aber ich befürchte, dass es mit den Jahren schlimmer wird.
Diese Geschichte hat keine Pointe, wie auch das vorm Fernseher Einschlafen keine Pointe hat - außer der, dass man irgendwann aufwacht, in guten Nächten noch ins Bad tapert, dann schnell ins Bett. Und: Licht aus.
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