Kolumne Fernsehen: The Eiertanz must go on
Die ewige Hängepartie um die "Wetten, dass ..?"-Moderation hat ein neues Unwürdigkeitslevel erreicht. Nur Frank Elstner ist zufrieden.
N a, Markus, was is denn nu? Machst du jetzt "Wetten, dass ..?"? Vor einigen Tagen schien die Personalie schon ausgemacht zu sein. Weil "mehrere Medien übereinstimmend berichteten", ergo voneinander abschrieben, musste was dran sein an der angeblichen Einigung mit ZDF-Moderator Markus Lanz.
Auch die taz hat sich daran beteiligt, dass der Schneeball immer größer wurde - den der scheidende ZDF-Intendant Markus Schächter schließlich am Mittwoch beherzt zertreten hat. "Es gibt noch keine Festlegung", sagte er der Mainzer Allgemeinen Zeitung, die darüber auf ihrer Website lustigerweise per dpa-Meldung informiert. Nennen wir es Understatement.
Das Dementi ist einigermaßen glaubwürdig, denn wer, wenn nicht Schächter, hätte ein berechtigtes Interesse daran, dass die unwürdige Hängepartie um die "Wetten, dass ..?"-Nachfolge endlich ein Ende hat. Könnte man meinen, doch weil das ja irgendwie auch ein Versagen des ZDF insinuieren würde, bemüht Schächter sich nach Kräften, es so darzustellen, als hätte er das alles so gewollt, ja von langer Hand geplant, als sei der Eiertanz in Wahrheit ein besonders raffinierter strategischer Schachzug.
"Es wäre nicht klug gewesen, jemand Neues in die Arena zu schicken, solange die Sonne des Allergrößten noch am höchsten stand", schwiemelt Schächter. Schon irre, wie man sich das eigene Scheitern schönreden kann! Was Hape Kerkeling wohl denkt, wenn er liest, dass es letztlich doch besser ist, dass er abgesagt hat?
Warum man "Wetten, dass ..?" nicht einfach einstellt, um zu verhindern, dass auch noch der allerletzte Strahl des Allergrößten auf seinen Nachfolger fällt, sagt Schächter nicht. The show must go on - rational erklärbar ist dieses Festhalten an dem Format, ohne Fakten zu schaffen, schon lange nicht mehr.
ist Co-Leiter des taz-Ressorts "Gesellschaft Kultur Medien".
Immerhin Frank Elstner wäre glücklich über Markus Lanz als "Wetten, dass ..?"-Nachfolger. "Er hat meine ganze Sympathie", twitterte der Show-Erfinder und Exmoderator, als würde das jemanden interessieren. Und Bunte versprach er ein "Feuerwerk der guten Unterhaltung". Der Südtiroler sei ein "sympathischer Interviewer, hart, aber fair, immer gut vorbereitet.
Er ist geprägt durch die Kindheit in einem Herrgottswinkel, mit Ecken und Kanten." Ein schaler Wortwitz? Oder meint Elstner das etwa ernst mit den Ecken und Kanten? Also mir wären zuerst ganz andere Attribute zu Lanz eingefallen, aber ich bin ja auch taz-Redakteur und damit, wie ich am Dienstag von Thomas Gottschalk in dessen Sendung erfahren durfte, ein notorischer Nörgler. Das hat mich getroffen.
Deswegen finde ich jetzt mal was gut: dass der Allergrößte die taz-Kriegsreporterin Silke Burmester eingeladen hat und Markus Peichl auch. Sie, um mit ihr über Medienhysterie zu plaudern, und ihn, damit er Gottschalk als neuer Redaktionsleiter den Arsch rettet, denn die Quote hat sich zuletzt zwar wieder leicht erholt, bei der letzten Sendung am Mittwoch kam "Gottschalk Live" aber auch nicht über 1,3 Millionen Zuschauer hinaus. Hmm, und sonst? Bevor ich jetzt doch wieder anfange zu nörgeln, brechen wir lieber ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren