Kolumne Fernsehen: Immer Dick und Dünn
Dirk Bach ist tot, wer moderiert jetzt das „Dschungelcamp“? RTL hat schon einen möglichen Nachfolger im Blick.

J eder Mensch ist ersetzbar, sagt der Volksmund. Ob auch jeder Mensch ersetzt werden muss, sagt er nicht. Im Falle des am Montag verstorbenen Dirk Bach hat sein Haussender RTL die Frage offenbar schon beantwortet: Nach Informationen der in der Unterhaltungsindustrie bestens vernetzten Bild soll „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ offenbar auch ohne Moderator Bach fortgesetzt werden.
Noch am Mittwoch sagte der RTL-Verantwortliche Markus Küttner: „Der Schmerz über den Verlust lässt noch keine Gedanken an die Show zu. Wir werden uns zu gegebener Zeit äußern, jetzt zählen andere Dinge.“ Was man halt so sagt. Hinter den Kulissen ist aber wohl längst klar: The show must go on. Das ist weniger unmoralisch als vielmehr das Eingeständnis einer kreativen Notlage: RTL braucht das Schauhausen von C-Promis im australischen Busch, weil es verlässlich Quote bringt. Ohne das Dschungelcamp stünde RTL ein harter Winter bevor.
Über Ideenlosigkeit im deutschen Fernsehen wurde schon viel geredet und geschrieben, auch in dieser Kolumne, aber es geht bekanntlich immer noch schlimmer. Die Namen derjenigen, die als Bachs Nachfolger gehandelt werden, machen zusätzlich betroffen: Ralph Morgenstern und Hape Kerkeling.
So unrealistisch es ist, dass Letzterer, den man ja einfach mal ins Gespräch bringen kann, sich nach seiner „Wetten, dass ..?“-Absage auf Kakerlakenniveau herablässt, so wenig verlockend erscheint die Vorstellung einer Doppelmoderation von Sonja Zietlow und dem früheren „Blond am Freitag“-Moderator und „Klatschexperten“ Morgenstern, der eigentlich selbst mal Kandidat für die Dschungelcamp-Teilnahme wäre.
Das scheint übrigens ein ungeschriebenes Gesetz des Privatfernsehens zu sein: Ein schwuler Moderator kann nur durch einen schwulen Moderator ersetzt werden. Und eine Hälfte des gemischtgeschlechtlichen Moderationsduos sollte am besten normalgewichtig sein, die andere adipös. Im Gespräch für eine ganz neue Paarung, die RTL sich laut Bild auch vorstellen könne, sind Hella von Sinnen mit Daniel Hartwich und Cindy aus Marzahn mit Micky Beisenherz.
Die Nachfolgersuche wird auch zum postumen Freundschaftstest: Der Verzicht, vom Tode Bachs zu profitieren, macht ihn zwar auch nicht wieder lebendig, wäre aber für Kollegen aus Bachs engerem Kreis trotzdem moralisch geboten. Ob man das von Fernsehnasen erwarten kann – wir werden sehen. Meine Prognose: eher nicht.
Am Freitagabend jedenfalls gibt es erst mal ein Wiedersehen mit Dirk Bach. Ganze 25 Minuten Gedenken ist er RTL wert. „Danke, Dirk! Das einzigartige Leben des großen Entertainers Dirk Bach“ (21.15 Uhr), moderiert von Tratschtante Frauke Ludowig, zeigt Bach-Ausschnitte, gibt aber vor allem Promis Gelegenheit, publikumswirksam zu trauern und sich als „Weggefährten“ des Verstorbenen zu profilieren. Der kann sich ja nicht mehr wehren. Gott sei Dank haben Bachs Angehörige ihr Veto gegen eine öffentliche Trauerfeier eingelegt. Die hätte RTL sicher gern live übertragen. So müssen 25 Minuten reichen. There is no business like show business.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
US-Außenpolitik
Transatlantische Scheidung
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen