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Kolumne Die Lage am LagoMedienhüpfen

Der DFB hat Medienvertreter zum Bungee-Jumping von einer Staumauer eingeladen. Die Angst, der DFB könne so unliebsame Journalisten entsorgen, erweist sich als unbegründet.

Heute ist ein großer Tag für den Sportjournalismus. Da waren wir uns schon gestern sicher. Etlichen Kollegen war anzusehen, dass sie anders drauf sind als sonst, besser. Sportreporter kommen sich ohnehin nicht gerade schlecht vor, weil sie Leute wie Michael Ballack schon einmal von Nahem gesehen haben, so richtig von Angesicht zu Angesicht, in Echt also. Auch wir finden uns in dieser Hinsicht ziemlich toll. Doch heute können wir nicht mithalten.

Bild: taz

Andreas Rüttenauer ist Redakteur bei taz-Leibesübungen

Die besonders Tollen unter den Kollegen sind an einer Zahl zu erkennen, mit einem schwarzen Filzstift auf den Handrücken geschrieben. Außerdem schreiten sie ein wenig arg gockelhaft durch das Pressezentrum. Wir fragen, was es mit den Nummern auf sich hat. Der Erste druckst ein wenig rum. 114 steht auf seiner Hand. Wir fragen einen anderen, die Nummer 81. Das ist das Körpergewicht, sagt der und erklärt, dass die unten das machen müssen wegen der Sicherheit, damit die oben wissen, welche Gurte sie auf welche Weise anlegen müssen. Aha, sagen wir, und müssen nun doch tiefer bohren. Schnell finden wir heraus, warum die Männer mit den Nummern auf der Hand ihre Nasen an diesem Tag um so viel höher tragen als sonst.

Die Medienvertreter waren tags zuvor eingeladen worden, von einer 220 Meter hohen Staumauer am Verzasca-Staudamm zu springen. Weil wir uns nichts aus Bungee-Jumping machen und uns auch so für ziemlich toll halten, hatten wir uns zum Medienhüpfen nicht angemeldet. Außerdem hatten wir Angst, der DFB könne versuchen, sich auf elegante Weise unliebsamer Berichterstatter zu entledigen. Am Tag danach fragen wir uns, wie wir so etwas Böses überhaupt denken haben können. Die Zeiten, in denen der DFB eine menschenverachtende Diktatur war, sind lange vergangen, auch wenn Exführer Gerhard Mayer-Vorfelder immer noch irgendwie mitmischt. Der DFB ist ja mittlerweile modern, fällt uns ein, und weiß wahrscheinlich mittlerweile sogar, wie man Medienmenschen motiviert. Er erwartet sich bessere Texte von Menschen, die Extremsituationen überstanden haben. Und weil dem DFB zur Zeit alles gelingt, was er anfasst, gehen wir davon aus, dass heute ganz besonders gute Texte auf den Sportseiten stehen.

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