Kolumne Die Kriegsreporterin: Dieser andere Adelige ist auch wieder da
"Bild", Häkelzwerge, "Tatort" - und dann noch das traurige Schicksal des Kerner Johannes.
E ndlich kann ich mal etwas Positives vermelden: "Schöner Graf wieder ganz oben!" Alexander Graf von Schönburg-Glauchau wird Textchef bei Bild! Er war der Shootingstar der Telefonbuchbesitzer - der kleine Bruder von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis und Cousin von Lady Di (8. Grades) war Dank der vielen Prominummern, die er in seinem Ledermäppchen immer bei sich trug, Chefredakteur von Park Avenue geworden. Doch das Blatt lief trotz der vielen Anrufmöglichkeiten nicht, von Schönburg schmierte ab.
Wie ein Strudel riss die Abwärtsspirale "Xandri", wie Fürstin Gloria ihren Lieblingsbruder zärtlich nennt, mit sich. Vanity Fair, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Bild - die Auftraggeber wurden immer schmieriger, die Blätter immer fleckiger - das Leben schonte den jungen Grafen (geb. 1969) nicht. Zuletzt war er für die Klatschseite der Bild verantwortlich. Hier erkannte Kai Diekmann das Potenzial des Blaublüters.
"Nummern haben andere auch, die haben sie sogar in ihrem Handy eingespeichert", soll Diekmann gesagt haben. "Aber Graf von Schönburg kann mehr. Wie er mit den Worten umgeht, so etwas ist selten, heutzutage."
berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de
Auch traurig ist das Schicksal des Kerner Johannes, der angeblich bei dem Sender, den ich zu nennen mir für drei Wochen untersage, als "unerwünschte Person" gilt. Nach allem, was er für die Seichtwerdung des Unaussprechlichen getan hat, scheint mir das nicht angemessen.
Der zweite deutsche Schlafsender wäre nicht da, wo er heute steht, wenn er Kerner nicht über Jahre gestattet hätte, "plaudern" zum Status quo der Gesprächssendung zu erheben. Immerhin aber möge diese Aussage verhindern, dass die Werbefigur für Geflügelwurst die Moderation von "Wetten, dass ..?" übernimmt. Was außer ihm niemand wollen kann.
Schön ist auch, dass sich das Geheimnis um die Aktivitäten bei Gruner & Jahr gelüftet hat. Die Frage, woran es liegen mag, dass der Verlag sein Kerngeschäft auf die Abteilung "betreutes Wohnen" lenkt, konnte geklärt werden: Die Verantwortliche, Julia Jäkel, ist schwanger. Stichwort: Nestbautrieb. Wir erwarten also weitere Innovationen für die Haushaltsführung à la "Löffelchen", "Babylust" oder "Julia und die Häkelzwerge".
Dass sich mit der neuen Aufgabe auch die Außenwirkung ändert, hat Til Schweiger erfahren, der, nachdem er lallend ein Interview gegeben hatte, zusagte, Kommissar im Hamburger "Tatort" zu werden. Kaum drei Sekunden später meldete sich die Polizeigewerkschaft Abteilung Petz-Polente zu Wort und forderte den Schauspieler auf, sich seiner Polizistenrolle angemessen zu verhalten. Was etwa ähnlich absurd ist, wie von einem homosexuellen Darsteller, der einen Hetero spielt, zu verlangen, er müsse auch im Alltag mit Frauen rummachen.
Vielleicht sollte den Polizisten mal jemand sagen, dass der Schweiger nur so tut als ob. Dass das gar nicht echt ist. Und seine Waffe auch nicht wirklich "peng!" macht.
Auch nicht echt sind die Fälle, die in sogenannten "Scripted Realitys" gezeigt werden. TV-Stücke, meist auf RTL, in denen Menschen in desolaten Verhältnissen gezeigt werden. Cindy-TV. Nun hat eine Studie ergeben, dass viele Kinder und Jugendliche das Gezeigte für real halten.
Die Fernsehforscherin Maya Götz meint, die Zuschauer bekämen ein "verzerrtes Bild von Menschen und Milieus". Was mich nun wieder etwas meschugge macht und ich mich frage, ob die eigentliche Verzerrung nicht darin liegt, dass Menschen sich im Fernsehen vorführen lassen und Zuschauer Entwürdigung als Nachmittagsunterhaltung serviert bekommen? Verdingst zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid