Kolumne Die Kriegsreporterin: Antizyklisch gegen den Sommerloch-Pudding
Die „Süddeutsche Zeitung“ kommt uns mit Schriftkuddelmuddel daher, den niemand versteht und das neue Magazin „Landkind“ lässt auf den Ableger „LandBrüste“ hoffen.
H allo taz-Medienredaktion! Geht es dir auch so, dass du dieses Schriftkuddelmuddel der neu gestalteten Süddeutschen Zeitung nicht verstehst? Beziehungsweise warum Schriften zusammenstehen, die gar nicht zusammenpassen? So eine unsinnliche, moderne und eine altbackene? Und dass du dich gar nicht mehr gut geleitet bzw. schlichtweg fehlgeleitet fühlst, weil sich dir der Leitfaden nicht erschließt?
Also mich macht dieses neue Layout völlig kirre und ich wünschte mir, es könnte einfach im Sommerloch verschwinden. Das geht aber allein deshalb nicht, weil der Eingang des Sommerlochs mit denen verstopft ist, die hinausdrängen. Etwa diese Gruftfamilie aus Bayreuth, die Wagners. Wie bestellt, taucht die jetzt wieder auf. Braucht kein Mensch. Ist aber da. Jeden Sommer. Oder Tiere, die was Besonderes können. Oder irgendwo sind, wo sie nicht sein sollen.
Wie die Wagners. Besonders gut gefällt mir allerdings der Umgang des Mediendienstes turi2 mit dem Loch, der in einer Eigenanzeige schreibt: „Nutzen Sie das Sommerloch und werben Sie antizyklisch bei turi2!“ Mir wäre es da viel lieber, die würden die Journalisten unter ihren LeserInnen auffordern, antizyklisch zu schreiben. Nämlich mal was Interessantes. Und nicht diesen Puddingkram über den Hantavirus oder Kristina Schröders Geisteszustand.
berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.
Versucht der Spiegel gar, LeserInnen mit Seichtem zu gewinnen?
So wie ich zum Beispiel die Spiegel-Online-Geschäftsführerin Katharina Borchert hervorstellen möchte, die sehr zu Recht auf der DLD Women anmerkte, es könne nicht sein, dass Spiegel Online versuche, Leserinnen bzw. Userinnen mit seichten Themen zu gewinnen. Das spricht mir voll und ganz aus dem Herzen und ich denke, es kann nicht darum gehen, in kleinen Filmchen zu zeigen, wie man Lidschatten selbst herstellt. Geiler wäre schon ein George-Clooney-Starschnitt, dem man durch Anklicken der einzelnen Körperteile die Klamotten vom Leib drücken kann oder, als Möglichkeit zum Aggressionsabbau, Tauben mit einem Hammer zu erschlagen.
Richtig, richtig kreativ bei der LeserInnengewinnung zeigt sich der Panini-Verlag. Die packen einfach zwei erfolgreich laufende Themen, die nichts miteinander zu tun haben, zu einem Heft zusammen. LandKind heißt das Magazin, das alle zwei Monate erscheinen soll. Da den Verlegern ja nichts Eigenes einfällt, darf man sich bei Erfolg schon auf Me-too-Produkte wie LandOma freuen. Die Schmuddeltochter des Bauer Verlags könnte LandBrüste bringen.
Und der Jahreszeiten Verlag LandBrot. Ich hingegen konnte mich bereits vergangene Woche sehr freuen. Als mir im Außendienst in Friesland – jetzt keine blöden Witze! – der Wagen verreckte, war es ausgerechnet ein Fotograf der Wilhelmshavener Zeitung, den ich anhielt, auf dass er seine Zeit, seine Geduld und sein Wissen investierte, meine olle Autoschüssel wieder ins Laufen zu bringen. Und, was erfahre ich bei der Gelegenheit?
Gut erzogene Herren in Festanstellung, und das im Journalismus!
Die Wilhelmshavener Zeitung beschäftigt nicht nur ausnehmend freundliche und gut erzogene junge Herren, nein, sie stellt sie auch noch fest an! Drei festangestellte Fotografen gönnt sich die mit 40.000 potenziell zu erreichenden Haushalten finzlig kleine Zeitung! Das finde ich fein, das lob ich mir, heulen doch die meisten der anderen Verlage, dass es ohne ausbeuterische Verhältnisse nicht ginge.
In dieser Laune der Freude gefällt es mir besonders, dass der dapdpdadada-Chef seinen Nachrichtenleuten das Lästern über Twitter untersagt hat. Außerdem gibt es für den Blick mit dem dritten Auge bei Twitter „Medienfront“, also mich. Wer braucht da schon dapdpdadada? Immer schön das Feld verteidigend zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe