Kolumne Die Farbe Lila: Rollendiktate einer Witzfigur
Ministerin Kristina Schröder bringt im April ihr erstes Buch raus. Informativ wird es nicht, dafür aber sehr unterhaltsam.
S eit Tagen liege ich als Matsch im Bett und warte darauf, gesund zu werden. Gestern ging es endlich bergauf, denn ich hatte unterhaltsame Lektüre: Den Vorschaukatalog des Piper-Verlags, in dem für April Kristina Schröders erstes Buch angekündigt wird. "Danke, emanzipiert sind wir selber!" heißt es. Sollte ich im April wieder krank sein, werde ich es mir kaufen; man hört doch ständig, Lachen sei die beste Medizin.
Schon der Vorschautext bringt das Zwerchfell zum Vibrieren: "Frauen sollen endlich frei entscheiden können, wie sie leben wollen", steht dort. Angesichts ihres bisherigen Versagens im Kampf gegen fehlende Krippenplätze, unflexible Unternehmen und den deutschen Muttermythos ist dieser Satz von unserer Familien- und Frauenministerin schon reichlich - nun ja: interessant.
Klar sollen wir Frauen uns endlich frei entscheiden können. Nur: Was hat Schröder damit zu tun? Und dann gehts los. Erst mal schön provozieren, damit sich die 50.000 Bücher der ersten Auflage zackig verkaufen: "Feministinnen wie Alice Schwarzer und Strukturkonservative wie Eva Herman haben eines gemeinsam: Sie wissen genau, wie das richtige Frauenleben auszusehen hat. ,Hört auf damit!', sagt Kristina Schröder. "Wir brauchen keine Rollendiktate.'"
ist Mitautorin des Buches "Wir Alphamädchen" und bloggt als Frau Lila.
Mal kurz nachdenken: Welches Frauenleben subventioniert die Politik noch mal? Es gibt das Ehegattensplitting und es soll in Zukunft hundert Euro Begrüßungs-, ach nein, Betreuungsgeld für Frauen geben, die für den Nachwuchs ihren Job aufgeben. Oder aufgeben müssen, weil das Kind, leider leider, keinen Betreuungsplatz bekommen hat oder weil der Platz mehr kostet als über eine Teilzeitstelle finanzierbar wäre.
Hm, eigentlich wären das doch auch Baustellen für eine Familienministerin. Vielleicht führt ja Schröders Biografie zu mehr Empathie? Die Werbung für ihr Buch macht klar: Nö. "Kristina Schröder hat Karriere gemacht und gerade ein Kind bekommen. Steht sie deshalb für ein Leitbild, an dem junge Frauen sich orientieren sollen? Nein, sagt sie, die Frauen von heute brauchen keine Leitbilder!"
Na gut, verrät uns wieder niemand, wie das mit Kind, Job, Liebe und Leben eigentlich hinhauen soll, erst recht nicht die zuständige Ministerin. Und, ähem, ich fände ein paar neue Leitbilder eigentlich ganz schön. Das einzige momentane Leitbild, die deutsche Supermutter, geht mir nämlich gewaltig auf die Nerven.
Am Ende des Piper-Vorschautextes suchte ich vergebens nach einem Ironie-Hinweis und wartete kurz, ob sich so etwas wie Verstehen bei mir einstellen wollte. Vielmehr musste ich lachen. Es ist ja auch zu absurd: Die meint das ernst. Klar, die meint ja auch die Herdprämie ernst. Ein Wort, bei dem ich immer nur mit dem Kopf auf die Tischplatte hauen möchte - was allerdings meinen gesundheitlichen Zustand eher verschlechtern würde. Und daran habe gerade kein Interesse.
Also lache ich lieber weiter und wünsche mir ganz ganz fest, dass Schröders Wahlfreiheit auch mich ereilt, vielleicht in Gestalt einer Zusage für einen Krippenplatz. Möglicherweise hilft Wünschen doch. Ist ja bald Weihnachten.
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