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Kolumne Die Charts"Poldi oder Einstein oder Fàbregas?"

Die Charts heute mit Adorno und der Wiedergeburt als Katze - sowie Mitteregger, Stieg Larsson und Hoffenheim.

Wir gingen satt und glücklich durch die Nacht, als mein Sohn Adorno mich fragte, als wer oder was ich eigentlich wiedergeboren werden wollte.

Bild: marco limberg

Peter Unfried ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Ich fragte: "Für immer?"

Adorno antwortete: "Für eine Woche."

Ich sagte: "Und du?"

Wir überlegten. Ribéry, Albert Einstein, Fàbregas? Poldi, Torres, René Adler? Oder Brad Pitt? Am Ende entschied er sich für Lionel Messi vom FC Barcelona. Wahrscheinlich, weil er weiß, dass alle anderen aus seiner F-Jugend den auch verehren.

Ich dagegen fand einfach keinen Menschen, der ich sein wollte, nicht einmal Angelina Jolie. Adorno bot mir Ronaldinho an, "als er noch gut war". Und am Ende sogar Marcel Schäfer. Das ist der linke Außenverteidiger vom VfL Wolfsburg. Den schätzt er wirklich. Ich weiß, dass er selbst insgeheim auf eine Wiedergeburt als Schäfer spekuliert. Aber irgendwie war es das nicht.

Adorno überlegte. "Vielleicht möchtest du als Tier wiedergeboren werden?"

Tatsächlich. Es klappte.

Ohne nachzudenken rief ich: "Giraffe. Und du?"

Er sagte: "Katze."

"Warum denn Katze?"

Er wolle endlich mal aus dem zweiten Stock zum Fenster rausspringen können. Und jede Katze könne aus dem zweiten Stock springen, ohne dass ihr das Geringste passierte, das sei bekannt und hundertprozentig sicher.

Oh, sagte ich. Aus dem Fenster springen wollte ich auch schon immer.

Wir überlegten, ob man vielleicht sogar aus dem dritten Stock springen könnte, ohne dass einem was passierte.

Adorno glaubte, dass das auch noch ginge als Katze. Sicher war er sich nicht. Und wir hätten es schon gern genau gewusst. Wir entschlossen uns, noch jemanden zu fragen, ob er nicht für eine Woche eine Katze werden wollte. Dem würden wir sagen, dass er ruhig aus dem dritten Stock springen solle und dass das überhaupt kein Problem sei für eine Katze.

"Und wenn es nicht klappt, wissen wir, dass wir selbst es besser nicht probieren", sagte ich.

Adorno nickte und schaute ernst nach oben. Vermutlich suchte er den Großen Wagen am Sternenhimmel. Ich sah, dass er überlegte.

"Pezi", sagte er irgendwann.

"Hm?"

"Ist das nicht Mord?"

Na ja, sagte ich. Es käme darauf an, was wir der dritten Katze genau sagen würden.

Adornos Gesicht hellte sich auf.

"Wir sagen ihr, dass sie aus dem dritten Stock springen soll und dass es wahrscheinlich kein Problem ist." Er betonte das Wort wahrscheinlich.

"Und wenn es doch ein Problem ist?"

"Dann können wir nichts dafür."

*

Genauso haben wir es dann gemacht. Wir fragten Heinz, ob er auch für eine Woche als Katze wiedergeboren werden wollte. Er wollte. Dann führten wir ihn hoch in den dritten Stock und fragten ihn, ob es nicht eine gute Idee sei, aus dem Fenster zu springen. Er könne eine Erfahrung machen, die ihn als Katze weiterbrächte. Ich murmelte, dass es "wahrscheinlich" auch überhaupt kein Problem sei. Heinz sah runter und schnurrte. Wir gingen derweil in die Küche und schlabberten Milch.

Kurz darauf hörten wir ein dumpfes Geräusch. Da gingen wir zum Fenster zurück und schauten runter.

"Aha", sagte Adorno, "es ist doch keine gute Idee, aus dem dritten Stock zu springen"

Ich miaute. Dann drehten wir um und nahmen die Treppe.

DIE CHARTS IM AUGUST

Musik: Insolito. Neues Album von Herwig Mitteregger (Ex-Spliff-Schlagzeuger). Der Mann ist älter geworden, und das tut seiner Arbeit gut.

Magazine: brand eins. Wirklich nachhaltiges Lesen.

Buch: Stieg Larssons Krimi-Trilogie. Besser etwas spät entdecken als gar nicht.

Fußball: TSG 1899 Hoffenheim. Besser etwas früh entdecken als gar nicht.

Songzeile aus "Radio"/Spliff:

"Sex ist wichtig, glaub es mir/denn dabei kommt es dir."

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