Kolumne Der Press-Schlag: Überragend währt nicht ewig
Nach dieser Meisterschaft ist auch nur vor der neuen Saison. Die BVB-Spieler sollten sich am Hier und Jetzt erfreuen, denn für die Zukunft droht Klopp den Magath zu machen.
E s ist ein Scheißjob, aber einer muss ihn übernehmen. Mitten hinein in den gelb-schwarzen Jubeltaumel müssen ein paar warnende Worte: Jungs, freut Euch über Eure "riesige" (Jürgen Klopp), "wundervolle" (Neven Subotic), "geile" (Kevin Großkreutz), "unglaubliche" (Sven Bender), "grandiose" (Roman Weidenfeller), "überragende" (alle zusammen) Saison. Aber, Tschuldigung, man muss das mal erwähnen: Das wird so nicht weitergehen.
Ja, es stimmt natürlich, worauf immer wieder hingewiesen wird: Die Dortmunder Mannschaft ist unglaublich jung. Die zentralen Figuren Matts Hummels (22), Bender (22), Subotic (22), Shinji Kagawa (22), Großkreutz (22), Marcel Schmelzer (23) und Mario Götze (18) sind zudem bis mindestens 2013 unter Vertrag, nur Nuri Sahin (22) droht den Klub nach dieser Saison zu verlassen. Aber: Eine Garantie auf eine Erfolgsära ist das noch lange nicht. Und ausgerechnet das, was die Dortmunder in dieser Saison zum Erfolg geführt hat, könnte ihnen in der kommenden zum Verhängnis werden: ihre aufwendige Spielweise.
Jürgen Klopp sah aufgrund der obligatorischen Bierdusche noch aus wie ein begossener Pudel, als er nach dem Sieg, der die siebte Meisterschaft für den BVB sicherstellte, vermutlich eher unbewusst das Dilemma der Borussia formulierte: "Wir müssen für einen Sieg in der Bundesliga jedes Mal über uns hinauswachsen", sagt der Trainer, "das 32-mal zu machen, das ist verrückt."
THOMAS WINKLER ist Autor der taz.
Das ist, muss man ergänzen, nicht nur verrückt, sondern auf Dauer eben auch unmöglich. Das Dortmunder Spiel beruht zum Wesentlichen auf einem unglaublich intensiven Spiel gegen den Ball und rasantem Umkehrspiel bei Balleroberung. Das dazu nötige Verdichten der Räume erfordert ein extremes Laufpensum und eine perfekte Abstimmung der einzelnen Spieler und Mannschaftsteile, das nur eine junge Mannschaft mit idealen Fitnesswerten bewältigen kann.
Nächste Saison aber wird mancher Dortmunder Spieler eine ungewohnte Dreifachbelastung aus Liga, Champions League und Nationalmannschaft stemmen und dazu noch gegen die mit dem Meistertitel unweigerlich einhergehende Sattheit ankämpfen müssen. Doch schon wenn nur ein oder zwei Spieler, das Erreichte im Hinterkopf, einen Schritt weniger laufen beim Zustellen des Gegners, bricht das von Klopp und seinem Team so mühevoll perfektionierte taktische System auseinander.
Also gab der Meistertrainer schon mal die Strategie aus, wie er diesem Dilemma zu entgehen gedenkt. "Für die Zukunft wird wichtig sein", so Klopp, "dass jeder ans Limit gehen muss, der in die Mannschaft reinwill." Das klingt, seien wir ehrlich, doch eher nach Felix Magath als nach dem sympathisch grinsenden Klopp. Also, feiert noch schön da in Dortmund, habt euren Spaß. Demnächst beginnt er dann endlich auch für euch, der Ernst des Fußballerlebens.
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