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Kolumne BlickeDer Preis des Schreibens

Ambros Waibel
Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel und Ambros Waibel

Die deutsche Literatur ist üppig subventioniert. Wer was vom Kuchen abhaben will, zahlt mit Erniedrigung. Aber es geht auch anders.

Andrang in Leipzig. Ruhe in Berlin, schön Bild: dpa

R uhig ist es in Berlin, das große Palaver ist temporär nach Leipzig zur Buchmesse umgezogen. Ich war schon einige Male da und hatte immer viel Spaß: Es ist ja schön, ein paar Tage unter dauerbeschwipsten Menschen zu verbringen.

Nach einer Phase der winterlichen Einkehr mischte auch ich mich zuletzt wieder unter die Menschen, bei Kongressen und Lesungen. Dabei ist mir eine bemerkenswerte Wandlung aufgefallen, die sich in den Pausen oder beim anschließenden Umtrunk vollzieht.

Gewiss, das zahlende Publikum debattiert dann noch über den Einsatz des antiken Jambus im modernen Gedicht oder über die Schwierigkeiten zivilgesellschaftlichen Engagements im ländlichen Raum; die professionellen Podiumsbewohner jedoch und die versammelten Eingeweihten reden nur über eines: über Geld.

taz
Ambros Waibel

ist Redakteur in den Ressorts „Gesellschaft, Kultur & Medien“ und „Meinung“ der taz. Foto: Alexander Janetzko

Besonders krass ist dieser Wechsel der Rede natürlich bei den Schriftstellern. Kaum ist der Gesang verklungen, wird bei Wein und Tabak das deutsche Literaturförderwesen durchdekliniert, eine blühende Kultursubventionslandschaft, um die uns – wie sollte es anders sein – die ganze Welt beneidet. Wie viele Literaturpreise, Förderstipendien und Stadtschreiberpöstchen es in der Bundesrepublik gibt, weiß niemand, die Zahl ist jedenfalls vierstellig. Mindestens.

Was ich weiß, ist, dass die Autoren, die mir am meisten am Herzen liegen, gar nicht oder nur sehr sparsam aus diesen reichen Töpfen abbekamen. Ausschließlich unrecht ist ihnen das aber nicht, sie folgen der Devise „writing is my business“ – und wenn es in der deutschen Litertaur marktwirtschaftlich zuginge, dann müssten sich sehr, sehr viele einen vernünftigen Job suchen.

Die klassische Formulierung zum Thema stammt von Jörg Fauser. In einem biografischen Abriss schrieb er einmal: „Keine Stipendien, keine Preise, keine Gelder der öffentlichen Hand, keine Jurys, keine Gremien, kein Mitglied eines Berufsverbands, keine Akademie, keine Clique; verheiratet, aber sonst unabhängig.“ Kurz darauf wurde er von einem Lkw überfahren. Wie sagten es seine geliebten Amerikaner ungefähr: „Da draußen ist der Dschungel.“

Mir war es bei der Herstellung von Literatur und Literaturwissenschaft immer egal, ob ich dafür ausgezeichnet würde. Einmal verhinderte ein kaputter Anlasser die Anreise zur Preisverleihung, einmal sagte ich ab, weil ich gerade ein Kind bekam; und jedes Mal wurde ich von den Vergebern wie ein Kellner dafür gerügt, dass ich nichts zum strahlenden Event der Verleihung der Peter-Puschel-Gedächtnismedaille in der Stadthalle Neudettelsbrück beigetragen hätte. Denn darum ging es bei der Sache: um die Eitelkeit der Auszeichner, nicht um die Förderung der Macher.

Und wenn ich sehe, wie die Kollegen im Journalismus als Preisverleihungsfußvolk durch die Lande gehetzt werden und sich den öden Reden und dem Pestatem der sogenannten Entscheider aussetzen müssen, dann bin ich ganz zufrieden mit der möglicherweise angeborenen Haltung, dass meine Texte nur vor mir selbst bestehen müssen – der Job ist auch hart genug.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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7 Kommentare

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  • W
    wauz

    Es ist soviel Geld da, warum soll ich nichts davon abkriegen?

     

    Klar ist Kultur für die Geldhaber nur Deko. Was auch sonst? Das Einzige, was Selbstzweck ist, ist Geld. Alles andere dient der Beschaffung von Geld, direkt oder indirekt.

    Gute Künstler haben das Begriffen. Nur Dinge ohne jeden Gebrauchswert sind Kunst. Sie dienen dazu, einem Geldhaber die Chance zu geben, sich groß herauszustellen und so seine Geldhabe- und NochmehrGeldhabenwolle-Position zu rechtfertigen.

  • KK
    Karl K

    Yep!!! too

     

    Hübscher Kommentarstrauß;

    aber für Musik wird das von ausländischen

    Musikern ähnlich gesehen; bei gleicher Einschätzung in der Sache.

  • RM
    Reinhard Matern

    Der Hinweis auf das neue Messenthema (Geld) ist interessant. Angekündigt hatte es sich bereits im Rahmen der Urheberrechtskampagnen.

     

    Was im Artikel nur indirekt zum Tragen kommt: Die Subventionen haben eine ästhetische Relevanz, die zunächst nichts mit Qualität, sondern mit bestimmbaren Geschmackskriterien zu tun hat. Von künstlerischer Freiheit kann in diesem Kontext keine Rede sein. Ist 'Kunst' nicht sogar schon zu einem Schimpfwort geworden, von dem sich sogenannte Professionals wie Auftragsschreiber distanzieren?

     

    Deshalb finde ich es sympathisch, als Autor eigene Ansprüche in das Zentrum stellen, ... und sich alternative Milieus zu suchen, zu denen stets auch kleinere Verlage gehören, abseits des Mainstreams.

  • S
    Sabrina

    Leider ist mir der "Artikel" nichts wert: Ich bekomme nämlich wenige bis unzulängliche Sach-Informationen zum Thema, das die Schlagzeile untermauern könnte. Was ich bekomme, klingt wie das private Klagen eines Autors, dem die Trauben zu hoch hängen. Gehörte eher in ein privates Blog. Dazu ein Kampagnenbild einer Werbeaktion der Buchbranche. Ist das Journalismus?

  • T
    tommy

    Warum sollte man heutige deutsche Literatur fördern? Das ist doch sowieso alles bloß Müll. Für gute Literatur ist Deutschland heute einfach zu langweilig.

  • N
    Niedra

    Was für ein Quatsch. Der Mann hat keine Ahnung.

  • W
    Webman

    Yep!!!!