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Kolumne BioDer undramatische Block

Kolumne
von Julia Seeliger

Mit Erdbeereis und Seifenblasen gegen die staatliche Überwachung.

F liegen! Sie krabbeln Richtung Licht. Sollte es so weit sein? Schon mit Anfang 30 zugrunde gerichtet durch Stress, Drogen und unkonventionelles Denken. Der Wahnsinn, jetzt ist er da. Fliegen, Kakerlaken, schwarze Punkte - ping, ping.

Ist ja eigentlich auch egal, ob da wirklich eine Fliege krabbelt. Warum nicht mal lockermachen und ignorieren, wie es die Apologeten des Kontrollverlusts, die Post-Privacy-Spackos predigen? Unfollow the Police? Unfollow Capitalism? Das geht nicht, aber: Was die Post-Privacies fordern, kann trotzdem emanzipatorischen Fortschritt bringen.

Zum Beispiel für diejenigen, die Angst vor dem Internet haben. Klar, Facebook ist eine Mausefalle für Daten - aber man muss damit umgehen, es existiert nun mal und wird benutzt. Die Post-Privacies haben immerhin Hanna Arendt gelesen. Oder Adorno - irgendwas mit A, was ich hätte lesen müssen, um als ernsthafte Linke zu gelten.

Bild: privat

Julia Seeliger ist taz.de-Redakteurin.

Wer A sagt, muss auch B sagen. Zum Beispiel B wie Bubble. Bubble, englisch für Seifenblasen. Ordentlich rumgebubbelt habe ich am Wochenende bei der "Freiheit statt Angst"-Demonstration. Unsere Laufgruppe namens "no drama - der undramatische Block" machte Seifenblasen "gegen Seifenblasenpolitik", verteilte Erdbeereis und warb in Frauenkleidern für anonymes Kommentieren.

Nebenbei pöbelte ich nach hinten zum linksradikalen Block ("Ruft doch mal ,Nie wieder Deutschland', ihr Antiimps" - "Ihr wählt doch alle SPD" - "Krieg, Krieg, Krieg") und nach vorne zu den Grünen ("Warum soll ich denn die Grünen in Berlin wählen?" - "Ich wähl Piraten"). Der linksradikale Block bepöbelte derweil die Grünen mit "Kriegstreiber, Kriegstreiber". Ein großer Spaß! Jux und Tollerei!

Nicht, dass ich das Anliegen, sich gegen staatliche Überwachung zu engagieren, nicht ernst nehmen würde. Gerade erst wurden die nach 9/11 erlassenen Antiterrorgesetze verlängert. Ständig kommen neue Vorstöße, Internetsperren in Deutschland einzuführen, und das nach dem Arabischen Frühling. Die Auswirkungen solcher Sperren sollten eigentlich allen Politikern klar sein. Und so weiter - unsere Freiheiten sind im Jahre zehn nach 9/11 in Gefahr, sich gegen Überwachung und den autoritären Staat zu engagieren ist weiterhin nötig.

Aber mit dieser Demo? Das konnte ja nichts werden. B wie Berlin-Wahl. Nina Hagen erzählte am Ende von Frieden, 68, Glückseligkeit und sang "We shall overcome". Gefilmt von der von den Grünen gesponserten Hebebühne. Die Piraten hingegen scheinen, wenn man ihre im Internet veröffentlichte Demo-Playlist ansieht, vom Musiklabel Audiolith gesponsert zu sein.

Audiolith ist mein Lieblingslabel, und ich hoffe, dass ich mich letztens bei deren Party nicht zu sehr blamiert habe. Aber, ach - so was passiert bei jeder CDU-Party. Ich erinnere mich an Erzählungen von literweise Bier bei der Jungen Union Bonn. Ein Kumpel von mir versuchte mit einem Verbindungsstudenten einen "Bierjungen" zu trinken - und scheiterte kläglich. Allen ihren Kontrollverlust!

Pamm! Da klebt eine echte Fliege auf meinem Zeigefinger. Noch mal Glück gehabt.

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2 Kommentare

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  • B
    Bob

    Warum geht "Unfollow Capitalism" eigentlich nicht?

  • S
    Seeräuberjens

    ? Ja bin ich denn doof oder wat?

     

    "Ständig kommen neue Vorstöße, Internetsperren in Deutschland einzuführen, und das nach dem Arabischen Frühling. Die Auswirkungen solcher Sperren sollten eigentlich allen Politikern klar sein."

     

    Was hab ich denn jetzt schon wieder nicht verstanden?

     

    Ich dachte immer, die Auswirkungen sind den Politikern klar. Deswegen will Cameron ja bei den nächsten Krawallen Facebook sperren.