Kolumne Älter werden: Auf dem tollen Elefantenfriedhof
Sie wussten nicht, was nach der Gerneration 50+ kommt? Ist doch klar, die Generation 60+!
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Haben Sie kürzlich auch die Beilage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) mit dem Titel Generation 60 plus gelesen? Ein echter Mutmacher für alle, die fest vorhaben, (noch) älter zu werden, als sie jetzt schon aussehen.
Exkurs: Entschuldigung. Ein blöder Witz. Aber was glauben Sie, was ich hier manchmal für Post bekomme. Vorletzte Woche etwa von einer @Lisa von der Generation doof (lit.). Ich alter Mann (58) möge doch bitte umgehend mit dem Schreiben aufhören und Platz machen für (junge) Leute, die bereits im 21. Jahrhundert angekommen seien, heißt es da frech. Hallo @ Lisa! Bitte umblättern zur Wahrheit! Ich schreibe nämlich nur für Erwachsene. Exkurs Ende.
In der Beilage der FAS jedenfalls werden gescheite Antworten auf Fragen gegeben, die auch uns gerade erst älter werdende Menschen interessieren (könnten). Ob man zum Golfen besser nach Heidelberg fährt (St. Leon-Rot) oder nach Pulheim (Gut Lärchenhof). Oder wie man einhunderttausend Euro sinnvoll anlegt. Von den Zinsen seines Kapitals aber - und da sollte man sich keine Illusionen machen - könne auch bei optimaler Geldanlage kaum ein Ruheständler leben, heißt es weiter. Und dass bei einer Lebenserwartung von bald 90 Jahren (Frauen) irgendwann leider auch an das Eingemachte rangegangen werden müsse.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT ist Korrespondent der taz für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
Aber haben wir von My Generation überhaupt Eingemachtes? Logo! Bei mir jedenfalls steht das Zeug daheim auf dem Kellerregal rum. Und beim Rangehen macht es Pffflopp! Reiche wie der ehemalige Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer (73), haben dafür andere Sorgen. Immer nur von Chauffeuren zwischen Frankfurt, Zürich und Vaduz hin und her kutschiert, verlernte der arme Multimillionär das Autofahren gänzlich. Aber einer wie Breuer (FAS) kriegte auch diese größte Umstellung nach dem Ende seines Berufslebens schnell hin. Jetzt macht er auf dem Elefantenfriedhof - so nennen sie bei der Deutschen Bank das Bürorefugium für Ex-Bosse - ohnehin nur noch, was ihm Spaß macht. Die von Ackermann bezahlte Sekretärin schikanieren. Oder mit dem Dienstwagen selbst zum Golfen fahren.
Dass in der Beilage auch das Proletariat fair zu Wort kommt, überrascht dann doch. Konstantin Wecker (63) etwa, der Liedermacher und passionierte Kriegsgegner - aber nur, wenn die Amis dabei sind -, muss für seinen Lebensunterhalt weiter hart arbeiten. Mit seinem Sangesbruder Hannes Wader (68) - Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss schon fort … (auch gut) - tourt er durch die Lande und werkelt an seinem neuen Album Wut und Zärtlichkeit herum. Und das Tolle daran: Wecker brauchte sich gar nicht groß ändern, um nach der ganzen wüsten Kokserei Ende des 20. auch im 21. Jahrhundert als Künstler anzukommen. Denn sich empören sei bei den jungen Leuten von heute (wie @Lisa) ja wieder cool, so Wecker. Einen Krisengewinnler nennt er sich. Für einen überzeugten Pazifisten ein Bekenntnis von entwaffnender Ehrlichkeit.
Epilog: Alter schützt vor Liebe nicht, aber Liebe vor dem Alter (Coco Chanel)
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