Kolumne Älter werden: Das Wichtigste im Leben ist der Tod
Die Saar-Linke will den Friedhofszwang abschaffen - viele Deutsche können sich keine anständige Bestattung leisten.
L iebe AltersgenossInnen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Die PolitikerInnen agieren immer dilettantischer. Längst stellt sich beim Anblick dieser wandelnden Sprechautomaten, die inzwischen in allen Parteien und Fraktionen das Sagen haben, körperliches Unbehagen ein.
Exkurs: Ausnahmen bestätigen die Regel. Schäuble etwa scheint wenigstens eine Ahnung von der Materie zu haben, die in seinem Ressort (Finanzen) behandelt wird. Und er hat Standing. Fällt Ihnen noch jemand ein? Schreiben Sie mir eine Postkarte. Aber bitte nicht mit den Namen Siggi, Claudi oder Bundeschefchen, respektive Christian drauf. Die gehen gleich in den Reißwulff. Exkurs Ende.
Lassen wir das lieber gleich sein mit der (An-)Klage. Es gibt Wichtigeres im Leben, wie etwa den Tod, diesen spaßigen Gesellen, der einem eiskalt ans Brustbein fasst (Georges Brassens in der Übersetzung von F. J. Degenhardt) und selbiges kostet. Und noch einiges mehr: Knapp 4.000 Euro für ein Grab und 3.500 Euro für eine Urnenbestattung (Preisliste Friedhof Saarbrücken) - das könnten sich viele Angehörige beim besten Willen nicht mehr leisten, konstatierte gerade die Linke Saar. Würdige Bestattungen würden so zum Luxus für Wohlhabende. Längst ist ja auch das Sterbegeld abgeschafft worden: Von Rot-Grün unter Schröder und Trittin! Die Behörden finanzieren für einkommensschwache Hinterbliebene gerade noch eine Billigbestattung.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT ist taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
Die Linke jedenfalls will jetzt den Friedhofszwang kippen. Zukünftig soll die Asche eines Verstorbenen von der Anverwandtschaft neben der Laube vergraben oder in einer Urne auf dem Wohnzimmerschrank deponiert werden dürfen. Freie Platzwahl ganz am Schluss: Nordsee oder Gartenteich, Waldfriedhof oder Bücherregal, Urnenwand oder Blumentopf (Balkon).
Wie kam ich jetzt von der Politkritik auf Tod und Verderben? Ach so! Nach der immer wieder amüsanten, aber auch sehr lehrreichen Lektüre der Aphorismen Lichtenbergs nämlich, von denen einer die andere Wahrheit als jene vom Tod als lustigem Knochenmann, der ja wirklich ein später freundlicher Gast (Jim Morrison) sein kann, thematisiert: Wenn der Schlaf ein Stiefbruder des Todes ist, so ist der Tod ein Stiefbruder des Teufels. Und der wiederum hat einen gerontophoben Neffen, der Mißfelder heißt. Sollten der alternde Junge Unionist und seine europafeindlichen Gefolgsleute aus dem zweiten Kreis der Hölle der aktuellen Regierungsparteien einmal die Macht in Deutschland übernehmen - und davon ist auszugehen -, dürften älteren Kassenpatienten wohl sogar Notfalleingriffe am Blinddarm verweigert werden. Hüftoperationen für Alte hält dieses christdemokratische Politmonster ja ohnehin für überflüssig.
Sind die lästigen Transferleistungsempfänger (Rente, Hartz IV etc.) dann endlich tot, sargt man sie kostengünstig in Umzugskisten ein oder entsorgt sie in der Müllverbrennungsanlage. Dann kann endlich auch der Steuersatz für die Bezieher höherer und mittlerer Einkommen gesenkt werden. Supi! Wir von My Generation allerdings sind dann längst im Widerstand aktiv: Im Kommando Rolf Linsler.
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