Kolumen Afrika Afrika: Blut auf dem Regenbogen
Schon jetzt liegt die Arbeitslosenquote in Südafrika bei rund 40 Prozent. Nach dem WM-Boom könnte es also einen WM-Crash geben, mit Migranten als Opfern.
S üdafrika ist ein Land schneller Gerüchte, die oft ebenso schnell verklingen, wie sie sich ausbreiten. Vor wenigen Jahren sagten schwarze Schulkinder Weißen gern: Wenn Nelson Mandela stirbt, gibt es ein Blutbad. Heute heißt es: Wenn die WM vorbei ist, verjagen wir die afrikanischen Ausländer.
So richtig ernst nimmt solche Gerüchte niemand, aber genau das ist das Problem. Die Weltmeisterschaft sollte eigentlich Südafrikas Wirtschaft einen Aufschwung bescheren, aber jetzt sind die Stadien, Hotels, Bahnlinien und Straßen alle gebaut, die dafür beschäftigten Arbeitskräfte werden nicht mehr gebraucht, und nach der Abreise der WM-Touristen gibt es auch weniger Arbeit im Gastgewerbe. Schon jetzt liegt die Arbeitslosenquote in Südafrika bei rund 40 Prozent. Nach dem WM-Boom könnte es also einen WM-Crash geben, mit Migranten als Opfern.
Phinius Mawira schleppt jeden Morgen vor Sonnenaufgang seine Ladung Obst und Erdnüsse an eine belebte Straßenkreuzung in Diepsloot nördlich von Johannesburg. Seine Kunden sind zufrieden, sagt der vor zwei Jahren aus seiner Heimat geflohene Simbabwer, weil die meisten Läden in der Gegend noch geschlossen sind, wenn die Pendler zur Arbeit fahren. Aber einige hätten ihm schon zugeflüstert: "Nach der WM solltest du lieber nach Hause gehen." Der äthiopische Ladenbesitzer Mohamed Radi Gruer in Diepsloot, der erst vor zwei Monaten ankam, pflichtet ihm bei: "Die Leute sagen mir: Alle Ausländer müssen raus". Er wurde schon einmal ausgeraubt, ein somalischer Freund und Ladenbesitzer wurde vor Kurzem ebenfalls ausgeraubt und dann erschossen.
Savious Kwinika leitet das afrikanische Journalistennetzwerk JAC
Ausländerfeindliche Unruhen forderten in Südafrika im April 2008 67 Tote, und 200.000 verjagte Migranten suchten Schutz in Zeltstädten. Diesmal, sagt Südafrikas Regierungssprecher Themba Maesko, wird die Regierung ausländerfeindliche Übergriffe nicht dulden. "Die Sicherheitskräfte werden nicht zögern, rasch und entschlossen gegen jeden vorzugehen, der Gewaltakte gegen ausländische Mitbürger anstachelt oder sich daran beteiligt", sagte er.
Doch arme Townshipbewohner sehen das anders. Kabelo Gumede aus Katlehong südlich von Johannesburg sagt: "Jeden Morgen gehe ich in die Stadt und suche Arbeit, aber ich finde keine wegen alle der Ausländer. Man sollte sie hinauswerfen." Tiyani Tsakisi in Diepsloot meint: "Die Ausländer zahlen viel Geld für unsere Mädchen und Frauen, die sich dann weigern, sich in uns zu verlieben." Tshidiso Mokoena in Vereeniging meint: "Ich habe nichts gegen Ausländer, aber unsere afrikanischen Brüder und Schwestern machen unsere Mädchen schwanger und lassen sie dann sitzen."
Kann die massive Präsenz afrikanischer Fans aus anderen afrikanischen Ländern während der WM etwas an der angespannten Stimmung ändern? Marc Gbaffou aus der Elfenbeinküste, Präsident des African Diaspora Forum in Johannesburg, ist skeptisch. "Wir versuchen, Migranten und südafrikanische Gemeinschaften zusammenzubringen", sagt er. "Aber Prävention ist nicht nur unsere Aufgabe. Solange die südafrikanische Regierung sich nicht gegen Ausländerfeindlichkeit engagiert und der Suche nach Sündenböcken für den Frust der Leute nicht entgegentritt, bleibt die Bedrohung sehr groß."
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