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Kolumbien

■ betr.: "Die Drogenmafia steckt ihre Finger ins Bananengeschäft", von Ricarda Knabe, taz vom 26.10.90 (Wirschaftsseite)

betr.: „Die Drogenmafia steckt ihre Finger ins Bananengeschäft“ von Ricarda Knabe, taz vom 26.10.90 (Wirtschaftsseite)

Mit Befremden habe ich den Artikel zur Kenntnis genommen.

Abgesehen davon, daß er sich inhaltlich auf den Oktober letzten Jahres bezieht und die Einleitung „Urabá im Oktober“ daher irreführend ist, besteht der Skandal des Artikels darin, wie das Verhältnis der Gewerkschaften zur Guerilla beschrieben wird. Da wird von „engen Verbindungen“ gesprochen und der Gewerkschaftsaufbau und die Aufstellung von Volksmilizen in Zusammenhang gebracht. Im Kontext der Arbeitskonflikte werden gar „unter Bananenstauden versteckte Waffenlager“ erwähnt.

Abgesehen von dem reißerischen Stil ist die politische Konsequenz dieser undifferenzierten Darstellung fatal, denn es wird genau die Ideologie der konservativen Großgrundbesitzer und Bananenkonzerne aufgenommen, die keinen Unterschied zwischen Guerilla und Gewerkschaften macht und zur Rechtfertigung der massenhaften Liquidierung von GewerkschafterInnen und Oppositionellen durch die Paramilitärs dient und die militärische Lösung der Arbeitskonflikte propagiert.

Mit diesen fatalen Auswirkungen übertrifft diese Theorie den im Vergleich dazu auf bundesrepublikanischer Ebene konstruierbaren direkten Zusammenhang zwischen den Initiativen gegen die Isolationshaft und der RAF bei weitem.

Daß die taz zur Verbreitung dieses für die kolumbianischen GewerkschafterInnen lebensgefährlichen Mythos beiträgt, ist scharf zu verurteilen. Eine kritischere Auswahl Eurer Berichte über Kolumbien erscheint daher dringend geboten. Peter Seidel, Tübingen

Anmerkung der Autorin:

Weil in Kolumbien über lange Zeit eine legale Organisation der Gewerkschaften nicht möglich war, wurden die Arbeitskämpfe auch durch Waffengewalt unterstützt. Genau deswegen bemühen sich Guerilla, Gewerkschaft und Plantagenbesitzer seit etwa einem Jahr verstärkt um Lösungen mithilfe des Dialogs. Die komplexen Beziehungen zwischen Guerilla und Gewerkschaften sind nicht hinwegzuglätten und werden auch in der fortschrittlichen kolumbianischen Öffentlichkeit akzeptiert. In Zeitschriften des Landes, die ausführlich die Menschenrechtsverletzungen in Urabá thematisieren, wird ebenso offen darüber berichtet. Ricarda Knabe

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