Kolpingstiftung entlässt Geschäftsführerin: "Es riecht nach Sauerei"
Wenige Wochen nachdem Geschäftsführerin Brigitte Fuzellier mit Korruptionsvorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen ist, wird sie entlassen.
BERLIN taz | Brigitte Fuzelliers Vorwürfe sind erheblich: Zwischen 2002 und 2007 sollen in einem Bildungsprojekt der Kolpingstifung in Paraguay Hilfsgelder in Millionenhöhe veruntreut worden sein. Allein beim Neubau eines Stiftungsgebäudes geht es um Millionen Dollar. Dazu um fehlende Buchhaltung, gefälschte Schecks, verschwundene Verantwortliche. Dies alles hat Fuzellier an die Öffentlichkeit gebracht. Jetzt muss sie gehen.
Wie die taz erfuhr, hat der Vorstand des Kolpingwerks in Paraguay die Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung entlassen. Vorangegangen war ein Besuch der Vorstandsmitglieder vom Kolpingwerk Deutschland, Hubert Tintelott und Hans Drolshagen. Fuzellier hatte sie beschuldigt, ebenfalls in den Korruptionsskandal verwickelt zu sein.
Fuzelliers wirft dem Kolpingwerk Deutschland nun vor, Druck auf den Vorstand in Paraguay ausgeübt zu haben, sie zu entlassen. Fuzelliers Mitarbeiter Thomas von Schilling konkretisiert dies in einem Schreiben an das Entwicklungsministerium, das der taz vorliegt.
Demnach hätten die Anwälte gedroht, die Vorstandsmitglieder in Paraguay mit Klagen zu überziehen, "dass sie ihres Lebens nicht mehr froh werden", wenn sie einer Abberufung Fuzelliers nicht zustimmen würden. Danach kam es zu der Entscheidung, die Geschäftsführerin umgehend zu entlassen. Hubert Tintelott bestreitet dies.
Neue Mauscheleien
Zuvor hatten Fuzellier und Schilling angeboten zurückzutreten, sofern sie das Geschäftsjahr abschließen und die aktuelle Bilanz durch einen Wirtschaftsprüfer untersuchen lassen könnten.
Mit der jüngsten Entscheidung wurde Fuzellier jedoch zugleich jeder Zugriff auf Dokumente der Kolpingstiftung Paraguay versperrt. "Hier sollen Dinge vertuscht werden", sagte Fuzellier, "ich hatte nicht einmal Zeit, eine Kassenabrechnung zu machen". Kolpingwerk-Deutschland-Vorstand Tintelott rechtfertigt die Entscheidung.
"Man kann nicht erwarten, dass in der jetzigen Situation jemand Geld für Paraguay spendet", sagte er der taz, "wir müssen alles dafür tun, dass dies wieder der Fall ist." Die Finanzierung des Projektes war in den vergangenen Wochen zunehmend unsicher geworden.
Kritik kommt aus der Politik: "Wir können den Fall nicht abschließend beurteilen", sagte Grünen-Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe der taz, "aber die Vorgänge riechen nach einer Sauerei." Das Entwicklungsministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel