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Kohls Ex-Berater Teltschik über Russland-Kurs"Merkel hätte Schröder bitten sollen"

Nach dem Georgien-Krieg plädiert Kohls Ex-Sicherheitsberater Teltschik erst recht für eine Annäherung an Russland. Es brauche Unterstützung statt Ermahnungen.

"Reden Sie doch mal mit Putin, warum Russland eine solche Politik betreibt": Schröder und Merkel Bild: dpa

Bild: dpa

HORST TELTSCHIK, 68, war außenpolitischer Berater des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik.

taz: Herr Teltschik, Frau Merkel hat bei ihrer Reise nach Georgien die Perspektive einer Nato-Mitgliedschaft ins Zentrum gerückt. War das richtig?

Horst Teltschik: Das war zumindest verständlich. Russland hat einen Fehler gemacht. Es hat zwar innenpolitisch Stärke gezeigt, aber außenpolitisch Vertrauen verloren. Es musste nach dieser Aktion damit rechnen, dass das Signal des Bukarester Nato-Gipfels vom April verstärkt wird, Georgien eine Beitrittsperspektive anzubieten.

Verständlich, aber deshalb auch richtig?

Es wird ohnehin lange dauern, bis sich Georgien wirtschaftlich und politisch erholt hat. Das Land kann nicht Mitglied der Nato werden, solange der Status der abtrünnigen Provinzen offenbleibt. Eine Nato-Mitgliedschaft Georgiens oder der Ukraine erfordert aber parallele Gespräche mit Russland, um Konflikte zu vermeiden. Das ist in der Vergangenheit versäumt worden.

Was brächten solche Gespräche?

Man muss eine Perspektive haben, wie Russland in eine gemeinsame Sicherheitsordnung einbezogen wird - sei es mit dem Fernziel einer russischen Nato-Mitgliedschaft, sei es, dass man die OSZE neu definiert. Putin hat im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz Vorschläge gemacht, Medwedjew hat es im Juni bei seinem Antrittsbesuch in Berlin getan. Beide blieben ohne Antwort.

Warum?

Keiner fühlt sich zuständig. Die USA sind in einer Phase des Übergangs. Deshalb müsste die EU-Präsidentschaft handeln, gemeinsam mit Deutschland.

Muss Russland nicht Vorleistungen erbringen, bei der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten etwa?

Dass sich Russland weiterentwickeln muss, ist klar. Aber dabei braucht es Hilfe und Unterstützung, nicht ständige öffentliche Ermahnungen. Ohne Zusammenarbeit wird Russland sich isolieren. Die Erfahrung zeigt, dass Isolierung nur zu mehr Aggressivität führt.

Also eine Neuauflage des Wandels durch Annäherung, wie im Kalten Krieg?

Das sind überflüssige Formeln aus der Vergangenheit. Man sollte die Beziehungen nicht einschränken und Russland bestrafen, sondern jetzt erst recht den Dialog suchen. Nach der sowjetischen Intervention in Prag 1968 hat der Westen ein halbes Jahr später die Initiative in Richtung KSZE ergriffen. Das war die richtige Antwort.

Wird Russland überschätzt?

Die Russen machen sich etwas vor, was ihre Stärke betrifft. Das gilt sogar für den militärischen Bereich, auch wenn Russland bei der Nuklearrüstung noch stark ist.

Das Land hat riesige innenpolitische und wirtschaftliche Probleme. Es ist davon abhängig, dass der Westen sein Gas und Öl einkauft. Die Russen sind auf Zusammenarbeit angewiesen, das muss man ihnen auch deutlich sagen.

Also doch Klartext?

Deutlich sagen heißt nicht, ständig in aller Öffentlichkeit darüber zu reden. Es heißt, dass man in den persönlichen Gesprächen offen redet.

Als Erstes haben die Osteuropäer Solidarität mit Georgien gezeigt. Sind deren Sorgen unberechtigt?

Natürlich verstehe ich die Bedenken gerade der unmittelbaren Nachbarstaaten Russlands. Wir müssen ihnen aber auch sagen: Die Sicherheit Gesamteuropas ist von einer Einbindung Russlands abhängig, bei der auch russische Interessen berücksichtigt werden. Wir können nicht gegen Russland Sicherheit gewinnen, sondern nur mit Russland.

Helmut Kohl wurde wegen seines Saunagangs mit Jelzin oft kritisiert.

Kohl wusste genau: Er muss ein enges persönliches Verhältnis zu Jelzin aufbauen, um überhaupt Einfluss auf die russische Politik zu haben. Schröder beurteilte das zunächst geringschätzig, machte es dann aber mit Putin genauso. In der aktuellen Krise hätte die Kanzlerin durchaus Schröder einspannen können: Reden Sie doch mal mit Putin, warum Russland eine solche Politik betreibt. Beim Kosovokrieg hatte Schröder schließlich auch seinen Vorgänger gebeten, mit Jelzin zu telefonieren.

Stattdessen hat CDU-Generalsekretär Pofalla den Altkanzler als Lobbyisten beschimpft.

Das bringt nichts. Ich würde jeden Kontakt nutzen, um auf die russische Führung einzuwirken - und nicht Parteipolitik betreiben.

INTERVIEW: RALPH BOLLMANN

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6 Kommentare

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  • T
    tomlong

    Richtig @Aldo !

     

    und nicht nur das.Die USA haben diesen Deppen Saakaschwili aufgehetzt, in der Hoffnung auf harte russische Reaktion.

    Und schwupp, die widerspenstigen Polen stimmen der der Stationierung des "Raketenschilds" zu.

  • A
    Aldo

    Der jüngste Kaukasus Krieg ist ein von langer Hand geplanter Schachzug der US Regierung, um den Zugang zu den kaspischen Ölquellen zu erreichen. Solange der amerikanische Lebenstil von grenzenloser Verschwendung und Ausbeutung der Natur und des Menschen vorherrschend ist, werden sich diese imperialistische Kriege wiederholen, Dies eint trotz aller historischer und politischer Unterschiede Hitler und die Bush- Administration, der Kampf ums Öl als Garant , die globale Voherrschaft zu sichern.

  • UA
    Uli aus Deppendorf

    "[Russland] ist davon abhängig, dass der Westen sein Gas und Öl einkauft."

     

    So kann man unsere Energieabhängigkeit natürlich auch betrachten.

     

    *rofl*

  • FW
    Friedrich Weitner

    Man stelle sich nur einmal die Reaktion der USA vor wenn Russland, so wie seit fast zwei Jahrzenten die USA in den ehem. Ostblockstaaten in Mittel- und Südamerika, Kasernen, Radarstationen und Raketenabwehrschilde installieren würde. Außerdem hunderte von Militärberatern in diese Länder entsenden würde.

    Seit dem Zusammenbruch der UDSSR betreiben die vereinigten Staaten von Amerika genau diese Politik in der Einflusssphäre der ehemaligen Sowjetunion, nicht zuletzt mit der Absicht einen Keil zwischen Russland und Europa zu treiben, denn würde Russland sich der EU wesentlich stärker annähern oder gar beitreten würde das die kapitalistisch imperialistischen Bestrebungen der USA massiv unterminieren.

    Aber Merkel und Konsorten katzbuckeln lieber weiter bei Onkel Bush.

  • V
    vic

    Dialog statt Konfrontation. Horst Teltschik hat recht.

    Die westatlantische Variation davon ist, den Russland-NATO Rat einzufrieren. Klingt nicht nach Dialog, und ich frage mich wozu ist dieser Rat gut, wenn nicht zu Gesprächen in schwierigen Zeiten?

    Schöder fragen, ihn bitten zu vermitteln? Warum nicht. Allemal besser als Pofalla zuzuhören.

  • T
    Thomas

    Ich schlage vor, Merkel und Medwedjew gehen zusammen in die Banja. Und Putin ist natürlich auch dabei..