: Kohl macht Moskau Laune
Berlin (dpa/taz) - Wie zu erwarten, hat sich die Verwirrung nach Kohls „Dreifacher Null–Lösung“ noch gesteigert. Nachdem er gesprochen hat, kann jeder mitreden, selbst Bangemann. Sowohl die Stahlhelmer der CDU als auch die FDP sehen Kohl auf ihrer Seite. Haussmann und Bangemann sehen in der Kohl–Äußerung eine „Öffnung“ in Richtung der FDP–Position. Nach dem Kanzleramtsminister Schäuble interpretiert jetzt Kohls „Sicherheitsberater“ Teltschik: Kohl wolle die Forderung nach Einbeziehung der Gefechtsfeldwaffen nicht als „Vorbedingung“ verstanden wissen. Auch Wörner erklärte seinen Kanzler: Es gehe Kohl nicht um ein „Junktim“, sondern um den „sachlichen Zusammenhalt“. Auch Kohl interpretiert sich selbst: In Goslar meinte er sybillinisch, sein Vorschlag „sei kein deutscher Sonderweg“, sondern es sei „seine Pflicht, darauf zu achten, daß die deutschen Interessen wahrgenommen werden.“ Im übrigen taucht das Wort „sonder“ noch im Begriff „Sonderbedrohung“ auf: Bangemann zufolge will die Sowjetunion einseitig auf eine „Sonderbedrohung“ verzichten; für Dregger ist dieser Verzicht eine „Sonderbedrohung“ der Deutschen. Er schlägt vor, nun unter den französischen Atomschirm zu flüchten. Auch die SPD meldete sich zu Wort: Ehmke bezeichnet das Spiel des Kanzlers in dieser entscheidenden Frage als“immer unwürdiger“. Die Vorschläge seien der „Höhepunkt“ der Verwirrung. Nachdem die Reaktion der westlichen konservativen Presse negativ war, findet Kohl richtige Unterstützung nur noch in Moskau. Der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gerassimow, erklärte: „Wir sind dafür. Der Vorschlag ist gut“. Und: „Kohl hat jetzt die Dinge noch mehr verwirrt.“
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