■ Kohl entläßt Knauser-Krause: Junge, komm nie wieder!
Wie das wohl aussieht, wenn Kanzler Kohls gewaltige Galle überläuft? Sein Verkehrsminister Günther Krause zumindest wollte sich diesen Anblick nicht antun. Aus sicherer Entfernung telefonierte er seinen Dienstherrn an, um sich seine monatliche Standpauke wegen übertriebener Sparsamkeit abzuholen. Doch diesmal kam das Sparschwein der Nation nicht mit Schinkenklopfen davon. Sofort hierher, lautete die Order, und ab zur Schlachtbank. Wie in solchen Fällen üblich, fühlt sich Krause als Opfer, quiekt er von „Rufmordkampagnen“ und „Kesseltreiben“. Dabei kann von einem kurzen Prozeß nicht die Rede sein. Alles hatten seine Parteifreunde ihm verziehen, ob Familienausflüge auf Staatskosten oder unversteuerte Privatgärtner. Sogar als Krause über seine Putzfrau stolperte, fing Kohl ihn auf. Nicht, ohne seinen Knauser-Minister dringlichst zu ermahnen, zur Abwechslung einmal „Schuld und Sühne“ zu lesen statt immer wieder „Tausend legale Steuertricks“.
Zu spät allerdings kam der weise Rat. Zwangstäter Krause hat alte Leichen im Keller. Die jüngst ausgegrabene, eine Umzugsleiche, stinkt zu sehr: die Übersiedlung von Bonn nach Börgerende hat sich Krause selbst genehmigt, die Kosten bezahlte sein Verkehrsministerium. Zu viel der Selbstbedienung, befand nun selbst sein Ost-Genosse Rainer Eppelmann, und die Junge Union fühlte gar ihre Schmerzgrenze überschritten. Dabei ist einzig schmerzlich, daß Krause wegen seines pathologischen Sparticks gehen muß und nicht wegen seiner Autobahn-Neurose.
Doch so richtig gehen will er ohnehin nicht. Zwar wurde er beim Verlassen des Bundeskanzleramts erwischt, als er den Portier ausfragte, wie das denn so gehandhabt würde mit dem Pensionsanspruch. Enge Mitarbeiter tuscheln, Krause arbeite bereits an einem steuerlich absetzbaren Comeback in Bonn. Nach bislang unbestätigten Berichten will er zur SPD genschern, als Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat. Immerhin habe er alle Voraussetzungen, die der sehnlichst gesuchte Spitzensozi braucht, argumentierte der entlassene Verkehrsminister. Kaltlächelnd übersteht er jeden Skandal, Rücktritt gehört nicht zu seinem Sprachrepertoire, mit allen Wassern ist er gewaschen, kann als Ostdeutscher die Ostler gewinnen. Zudem ist er bewiesenermaßen der sparsamste Minister Bonns. Die SPD braucht doch ständig einen Mann, der mit Geld umgehen kann, oder? Keine Frage, der Krause ist ein Schnäppchen für die gebeutelten Sozis. Und sollte trotz alledem noch jemand zögern, so zieht Krause eben sein stärkstes Argument aus der Tasche: Keiner kann der CDU mehr Schaden zufügen als er. Michaela Schießl
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