Koffeinzusatz "Coffaina": Süßes Wachmetall in kleinen Tütchen
Ein weißes Pulver in durchsichtigen wiederverschließbaren Plastiktütchen, zwei Gramm für 1,50 Euro. Erhältlich an Berliner Kiosken. Die Boulevardpresse ist alarmiert.
BERLIN taz | Die Speed/Koks-Anmutung als Marketingidee ist beneidenswert gut. Das Produkt in den Tütchen heißt „Coffaina“ und ist seit rund einem Monat an Berliner Kiosken erhältlich. Ein Koffeinpulver zum Selbsteinmischen ins Lieblingsgetränk, für alle Leute, denen Kaffee zu bitter und Red Bull zu süß ist.
Damit bedienen die Erfinder, ein Kreuzberger Brüderpaar, gleich zwei Großtrends: Neuro-Enhancement (wir optimieren unsere Denk- und Leistungsfähigkeit mit allerlei Hilfmitteln) und Self-Customization (der Kunde kann sich das Produkt auf seine individuellen Bedürfnisse zuschneiden).
Auch beim Produktdesign hat man seine Hausaufgaben gemacht: Weiße Schrift auf schwarzem Grund, ein stilisierter Kolibri (eine Idee der Mutter der Coffaina-Macher), die Schriftart fast eins zu eins von afri-cola, der Mutter der koffeinhaltigen Trendprodukte, nachempfunden. So erreicht man die urbane Party- und Nachtarbeitgemeinde.
Und eben durch die extravagante Gebindeform. Dabei sollte Coffaina usprünglich in Papiertütchen verpackt werden – aber das sah dann aus wie Ahoi-Brause. Am Ende war es auch eine Produktionskostenfrage: diese durchsichtigen Tütchen gibt es halt schon.
Der taz-Geschmackstest ergab: pur schmeckt das weiße Pulver auf eine sehr unangehme Weise metallisch-süß. In ausreichend Wasser aufgelöst ist es hingegen kaum noch auszumachen – ob geschmacksneutraler Koffeinkonsum wirklich befriedigend ist, ist eine andere Frage. Der Wacheffekt der koffeinerfahrenen Testperson war spürbar, aber eher kurzanhaltend.
So weit, so Trendprodukt. Zu besonderen Ehren kam Coffaina jetzt, weil die Berliner Boulevardzeitung B.Z. aus einem Kolibri einen Elefanten machte: „Warnung!“ steht groß auf der Titelseite. „Experten“ seien „entsetzte“, „Dieses Pulver“ würde „auch an Kinder“ verkauft, von „Herzbeschwerden, Schlafstörungen und Angstzuständen“ ist die Rede. Ein schönes Sommerlochthema. Die 120 Milligramm pro Packung sind übrigens so viel wie drei Espresso bzw. etwas mehr als eine Dose Red Bull. Eine Überdosis Koffein taxiert die B.Z. selbst auf die achtfache Menge.
„Ich war erschrocken – und anschließend habe ich mich gefreut“ sagt einer der Coffaina-Macher, denn auch wenn die B.Z. den Markennamen auf ihren Fotos stets entfernt hat: der Artikel ist letztlich nichts als kostenlose unfreiwillige Werbung.
Vor einem Verbot fürchtet man sich bei Coffaina nicht: „Es wäre natürlich schade, wenn gegen uns eine Angstkampagne gestartet wird. Aber wir haben uns vorher gut gesetzlich und behördlich informiert und sind gewappnet.“
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