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Archiv-Artikel

König des B-Pictures

NACHRUF Der Schauspieler David Carradine ist tot

Von CN

David Carradine hat seinen Platz auf der B-Seite des Kinos. Das hervorzuheben, ist alles andere als abwertend gemeint – im Gegenteil. Es ist eine Leistung, die eigene Karriere konsequent dort zu verfolgen, wo es nicht um gepflegte Unterhaltung und um künstlerische Ambitionen geht, sondern um den Genuss am Spektakel und an der Geschwindigkeit, um Körper, die sich prügeln, um Knochen, die brechen, und um Fäuste, die treffen.

Berühmt wurde Carradine, als er Anfang der 70er-Jahre in der TV-Serie „Kung Fu“ die Hauptrolle übernahm. Er spielte den jungen, glatzköpfigen Kwai Chang Caine, einen Shaolin-Mönch, der China verlässt, nachdem er den Mord an seinem Lehrer gerächt hat. Die Serie ist an der Schwelle zum 19. Jahrhundert angesiedelt; im Westen der USA verdingt sich Kwai Chang Caine fortan beim Bau der Eisenbahn. Interessant daran ist zum einen, dass ein amerikanischer Schauspieler eine chinesische Figur verkörpert, zum anderen, dass diese Figur vom pazifistischen Impuls getrieben wird, Gewalt zu meiden – und dann doch zuschlägt.

Insgesamt hat Carradine, der am 8. Dezember 1936 in Hollywood zur Welt kam und dessen Vater und Brüder ebenfalls Schauspieler waren bzw. sind, an über 200 Kino- und TV-Filmen mitgewirkt – darunter an Martin Scorseses „Boxcar Bertha“ (1972) und an „Mean Streets“ (1973), an „Bound for Glory“ von Hal Ashby (1976) und an „Das Schlangenei“ von Ingmar Bergman (1977). Die meisten dieser Filme stammen allerdings nicht von namhaften Regisseuren; die Titel – „Am Rand der Hölle“, „Death Race 2050“, „Die Galgenvögel“ usw. – sprechen für sich.

Quentin Tarantino kann sich zugutehalten, Carradine noch einmal zu Ruhm verholfen zu haben. Wie schon bei Pam Grier oder John Travolta erwies sich der Regisseur als Scout für ein zu Unrecht vergessenes Talent. In „Kill Bill I“ und „Kill Bill II“ (2003 und 2004) spielt Carradine den titelgebenden Bill, den Widersacher der von Uma Thurman gespielten Hauptfigur. Mit ihm lässt Tarantino die Faszination, die die Martial-Arts-Filme der 70er-Jahre weltweit ausstrahlten, auf der Leinwand aufleben, und zugleich stattet er seinen Film mit einem überzeugenden Bösewicht aus.

Ruhig wurde es nach „Kill Bill“ nicht um David Carradine. Bei der diesjährigen Berlinale etwa lief als Auftakt des Panorama-Programms Ulli Lommels C-Picture „Absolute Evil“, in dem der Mann mit dem faltigen Gesicht, der hohen Stirn und der markant-knubbeligen Nase einen fiesen, undruchdringlichen Gangster spielt. Allein in diesem Jahr sind sieben Filme fertig geworden, sieben befinden sich zurzeit in der Postproduktion.

Zuletzt drehte Carradine in Bangkok an dem Film „Stretch“. Am Donnerstagmorgen fand ihn ein Zimmermädchen tot in seiner Hotelsuite; offenbar hat er sich erhängt. Die thailändische Polizei, berichtet BBC, geht von einem Selbstmord aus. „Er war voller Leben“, sagte sein Manager Chuck Binder. „Er wollte immerzu arbeiten.“ CN