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Kölner Oberbürgermeister BurmesterBündnisse für Olympia schmieden

Als DOSB-Vorsitzender bekam Torsten Burmester schlechte Zeugnisse. Als Kölner Oberbürgermeister will er trotz vieler Probleme die Olympischen Spiele.

Hat bei Ex-Kanzler Gerhard Schröder gelernt: Burmester posiert für den Wahlkampf Foto: Frank Ossenbrink/imago

Torsten Burmester ist ein Sportfan. Schon während des Wahlkampfs im Rennen um den Posten als Oberbürgermeister Kölns war das deutlich geworden: Der SPD-Politiker trug seine Sneaker von den Olympischen Spielen 2024 in Paris.

Inzwischen erscheint der 62-Jährige zu formellen Terminen in seinen Lederschuhen. Denn seit Anfang November 2025 ist er offiziell Oberbürgermeister der Stadt Köln. Durchgesetzt hatte er sich in der Stichwahl gegen die grüne Kandidatin Berîvan Aymaz. Schon im Wahlkampf hatte Burmester Stellung bezogen, als es um den geplanten Ausbau des Trainingszentrums des 1. FC Köln ging – als neues Oberhaupt der viertgrößten deutschen Stadt und ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bringt er sportpolitische Erfahrung mit.

In Konkurrenz mit Hamburg, München und Berlin will sich Köln mit anderen nordrhein-westfälischen Städten um die Ausrichtung der Olympischen Spiele ab 2036 bewerben. Darin liegt für den Oberbürgermeister viel politisches Kapital. Der Grund: Zwischen Februar 2022 und Dezember 2024 war der gebürtige Niedersachse hauptamtlicher Chef des DOSB, der seit jeher die Olympischen Spiele wieder nach Deutschland holen will. Er kennt sich also aus mit dem Thema.

Vor einigen Tagen verkündete Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), dass sich die Region Rhein-Ruhr auf Köln als „Leading City“ festgelegt habe. „Durch konsequente Entscheidungen im Sinne kompakter Spiele können wir nun ein starkes Bewerbungs-Update vorlegen.“ Die Bewerbung sei ein „international wettbewerbsfähiges Angebot für die kompaktesten, nachhaltigsten und spektakulärsten Spiele.“

OB Burmester betonte, seine Stadt sei bereit – auch wegen der Bevölkerung: „Die Kölnerinnen und Kölner stehen (…) mit ihrer Herzlichkeit und Offenheit für den olympischen Gedanken und das Fairplay.“

Angespannte Haushaltslage

Der Kölner Dom sei weltweit bekannt und habe als Weltkulturerbe eine große Symbolkraft, hatte der frühere Sportfunktionär in einem seiner ersten Interviews mit der dpa hervorgehoben. All diese Werbebotschaften richteten sich an seinen früheren Arbeitgeber, den DOSB, der voraussichtlich im Herbst 2026 einen der vier Bewerber als nationalen Kandidaten bestimmen wird. Das eingereichte Konzept für NRW entstand allerdings bereits, bevor Burmester die Stichwahl gewonnen hatte – Einfluss darauf hatte er keinen.

Und die politische Realität holte den SPD-Politiker schnell ein: Die Haushaltslage in der Domstadt ist angespannt, das Defizit für 2025 um 182,5 Millionen Euro höher als erwartet. Erschwerend kommt hinzu: Die neue disparate Zusammensetzung des Kölner Stadtrates verkompliziert die Suche nach Mehrheiten. Zudem muss die Stadt Köln ihre Sportstätten sanieren. Auch das wird teuer, kompliziert und langwierig.

Eine Olympia-Bewerbung dürfte für den Stadtrat daher nicht die Hauptpriorität sein.

Und dennoch: „Es überrascht nicht, dass er dem Sport und vor allem Olympia viel Aufmerksamkeit schenkt, in diesem Bereich fühlt er sich sicher“, sagt jemand, der Burmesters Werdegang über Jahre intensiv verfolgte und anonym bleiben möchte. „Dass er unter Schröder Politik gelernt hat, hilft ihm heute dabei, im Hintergrund Allianzen zu knüpfen und sich so in Position zu bringen.“

Vergabeverfahren „misslich und unprofessionell“

Auf diese Weise gelang offenbar sein Wechsel in die Kommunalpolitik nach Köln, obwohl die Ethikkommission des DOSB das Vergabeverfahren für die World Games 2029 in Deutschland unter Burmester als „misslich und unprofessionell“ kritisiert hatte. Karlsruhe hatte den Zuschlag als Austragungsort erhalten, Hannover war leer ausgegangen.

Der Dachverband habe gegen Grundsätze der „guten Verbandsführung“ verstoßen, hieß es in dem Bericht, der im November 2024 öffentlich wurde. Von einem fairen und korrekten Vorgehen könne keine Rede sein. Daher waren Fragen laut geworden, wie die DOSB-Führung einen Bewerbungsprozess mit mehreren Bewerberstädten für die Olympischen Spiele organisieren und durchführen könne.

Der DOSB hatte offenbar über die Presse von Burmesters überraschender Kandidatur erfahren, kurz darauf kam es zur einvernehmlichen Trennung – obwohl sein Vertrag erst im Januar 2024 um fünf Jahre verlängert worden war. Die Aufarbeitung des desolaten Vergabeverfahrens findet nun ohne den früheren Vorstandsvorsitzenden statt. Zweifel an einer deutschen Olympia-Bewerbung, orchestriert durch den DOSB, hat Burmester offenbar nicht.

Ob Köln allerdings wirklich Austragungsort der Olympischen Spiele wird, hängt vor allem von der Zustimmung der Kölnerinnen und Kölner ab. Für den 19. April 2026 ist ein Bürgerentscheid geplant. Sollte sich die Stadtbevölkerung dagegen aussprechen, wäre eine NRW-Bewerbung womöglich ohnehin am Ende. Daran würde ein Oberbürgermeister mit sportpolitischer Erfahrung nichts ändern.

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