Köln gewinnt in Dortmund: Der FC ist doch nicht verflucht
Mit zwei sehr ähnlichen Eckballtoren gewinnt der 1. FC Köln bei Borussia Dortmund 2:1. Und glaubt fest, dass es nun weiter aufwärtsgeht.
Markus Gisdol hatte einen festen Vorsatz gefasst für den Fall, dass das kleine Wunder tatsächlich Realität werden würde. Der Trainer des 1. FC Köln wollte sofort in die Kabine gehen, sollte sein Team bei Borussia Dortmund gewinnen, offenbar wollte er nach langen Wochen der Kritik Bilder des Triumphes vermeiden.
Zuletzt war Gisdols Tauglichkeit immer lauter in Frage gestellt worden, aber als „die Schlacht“, von der er etwas später sprach, schließlich gewonnen war, vergaß er alle Vorsätze und Abstandsregeln. Mit wild verzerrtem Gesicht bejubelte er den ersten Kölner Sieg in Dortmund seit 1991, und noch wichtiger: Mit diesem 2:1-Erfolg im Revier ist die sagenhafte Serie von 18 nicht gewonnenen Bundesligaspielen zu Ende gegangen. Endlich.
Voller Pathos berichtete Gisdol also von der „aufopferungsvollen Arbeit“, die in seinem Klub geleistet werde. Er sei Teil eines „verschworenen Haufens“, endlich sei klar, „dass wir trotz dieses Drecksvirus nicht verflucht sind, sondern Spiele gewinnen können“, sprudelte es aus ihm heraus. Sie haben den Reset-Knopf gefunden und hoffen nun, endlich in dieser besonderen Bundesligasaison angekommen zu sein. „Das muss jetzt die Richtung für die nächsten Wochen sein“, sagte Torwart Timo Horn, nachdem Ellyes Skhiri zwei Mal auf beinahe identische Weise nach Eckbällen getroffen hatte.
„Wie sich die Jungs heute reingehangen haben gegen einen eigentlich übermächtigen Gegner, war sensationell“, erklärte Horn. Der Verteidiger Sava Čestić hatte zum erstem Mal in der Bundesliga gespielt und Erling Haaland gut im Griff gehabt. Und nicht zuletzt hatten die Kölner Glück, dass der BVB einen dieser finsteren Tage erwischt hatte, die irgendwie fester Bestandteil dieser wechselhaften Dortmunder Jahre mit Lucien Favre sind sind.
Rückfälle gehören zu jeder Dortmunder Saison
„Solche Nachmittage gibt es“, sagte der Trainer voller Fatalismus. Er hatte es vorhergesehen, hatte Warnungen ausgesprochen, war aber nicht gehört worden von seiner Mannschaft, die zuletzt so stabil gewirkt hatte. Das Muster dieser Niederlage ist ihnen gut bekannt: Der Gegner war gut organisiert, lief viel, stand tief und die an guten Tagen als Zauberei gefeierten Fähigkeiten der Individualisten in Schwarz-Gelb blieben blass. Also formulierte Favre wieder Sätze, die er schon öfters sagen musste: „Wir haben ein wenig unsere Geduld verloren.“ Und: „Wir haben manchmal überhastet gespielt. Und wir sollten auch mit mehr Tempo spielen, ich spreche von Pässen.“
Diese Rückfälle in einen rätselhaften Zustand der Energielosigkeit gehören auch weiterhin fest zum Wesen dieser Mannschaft, wobei in der laufenden Saison zwei vielversprechende Lösungsansätze existieren. Die individuelle Qualität in der Offensive, die grundsätzlich in der Lage ist, zähe Spiele durch besondere Einzelmomente in die gewünschte Richtung zu lenken. Und die Breite des Kaders. Doch an diesem Nachmittag blieben Jadon Sancho, Marco Reus, Julian Brandt und Erling Haaland harmlos. Und Favre wartete erstaunlich lang mit seinem Wechseln.
Als frische Angreifer ins Spiel kamen, wurde der BVB sofort gefährlicher. Es gibt zweifellos Trainer, die schon in der Pause durch einen Wechsel einen neuen Impuls gegeben hätten. Nun ärgerten die Dortmunder sich über verschenkte Punkte, zumal die beiden Gegentore sich auf skurrile Art und Weise glichen. Ondrej Duda hatte jeweils eine Ecke von der linken Seite in den Strafraum geschlagen, Marius Wolf hatte beide Bälle am kurzen Pfosten mit dem Kopf verlängert, bevor Skhiri am hinteren Pfosten aus kurzer Distanz vollendete (9., 60.).
„Wir müssen auf jeden Fall versuchen, den Ball am ersten Pfosten auch zu haben“, sagte Dortmunds Torhüter Roman Bürki, „es ist auf keinen Fall möglich, dass Marius da drankommt und den Ball verlängert.“ Zuständig war jeweils Julian Brandt gewesen, der besonders schwach spielte in einer Mannschaft ohne Ideen.
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