■ Dokumentation: „Kochbuch-Medizin“
In der Bundesrepublik darf jeder Feld-Wald-und-Wiesen- Arzt eine Chemotherapie bei seinen Patienten durchführen. Deutliche Kritik an diesem Konzept äußerte der Hamburger Onkologe Dieter Hossfeld. Die taz dokumentiert einige Kernsätze aus seinem Vortrag auf dem Berliner Krebskongreß:
„Es muß nachdenklich stimmen, daß operative und strahlentherapeutische Verfahren auf einen Personenkreis beschränkt sind, der eine entsprechende Ausbildung vorweisen kann, während die sogenannte dritte Säule der Onkologie, die Therapie mit Zytostatika nämlich, von jedem angewandt werden kann, sofern er die Approbation hat. Zu fordern ist, daß diese potentiell letalen Medikamente nur in qualifizierte Hände gehören.“
„Bislang haben in Deutschland nur die Internisten, die das Fachgebiet Internistische Onkologie erwerben, einen solchen Qualitätsnachweis zu erbringen. Die Qualitätsansprüche an niedergelassene Ärzte wurden durch endlose Einsprüche bis zur Bedeutungslosigkeit verstümmelt.“
„Es ist ein kardinaler Fehler, davon auszugehen, daß die Therapieverfahren in der Onkologie derart standardisiert sind, daß jeder Krebspatient mit jedweder Krebserkrankung in jedem Winkel des Landes die qualitativ gleichwertige Behandlung erfahren könnte. Es gibt Minimalstandards, aber es gibt keine einzige Krebserkrankung, deren Therapie-Resultate nicht verbesserungsbedürftig sind, und das betrifft insbesondere die medikamentöse Krebstherapie, die zu einer Kochbuch-Medizin zu verkommen droht.“ -man-
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen