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Koalition spült Gesetz weichVerkauf von Daten erlaubt

Die Reform erlaubt Firmen, wie bisher Daten weiterzuverkaufen - ohne Erlaubnis der Kunden. Die SPD ist enttäuscht.

Firmen, die Ihre Daten an andere Firmen weiterverkaufen - in Zukunft immer noch erlaubt. Bild: dpa

BERLIN taz | Die SPD zeigt sich enttäuscht über den Kompromiss der großen Koalition beim Bundesdatenschutzgesetz. "Meine Begeisterung hält sich in Grenzen", sagte der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy am Dienstag der taz. Die Neuregelungen zur Datensicherheit seien zwar ein Fortschritt, aber die neuen Verbraucherschutzregelungen würden hinter die Erwartungen zurückfallen, die Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) selbst geweckt hätte, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses.

Koalitionspolitiker verständigten sich am Montag bei einem Treffen bei Schäuble auf einen Kompromiss. Die Novelle soll Firmen die Weitergabe von Adressdaten von Kunden erschweren, die Koalition hat sie aber nach Protesten von Firmen und Verbänden deutlich abgeschwächt. So dürfen Unternehmen laut Edathy etwa Adressdaten in Zukunft wie bisher weiterverkaufen, auch wenn der Kunde einer Weitergabe nicht ausdrücklich zugestimmt hat. "Firmen, die gekaufte Adressdaten verwenden, müssen aber die Verbraucher darüber informieren, woher diese Daten stammen", sagte Edathy. Den Verbrauchern wird der Vorgang so transparenter gemacht, sie können sich dann eine Nutzung verbitten.

Die SPD scheiterte mit der Forderung, ein sogenanntes Verbandsklagerecht einzuführen. Die Union drohte, das Gesetzesvorhaben deshalb scheitern zu lassen. Mit einer Verbandsklage hätten auch Verbraucherschutzzentralen gegen Verstöße klagen und so die Datenschutzbeauftragen der Länder entlasten könnten. Letztendlich werde die SPD das Gesetz aber nicht mehr aufhalten, sagte Edathy. "Denn die Alternative ist ja gar keine Reform."

Immerhin kleine Verschärfungen müssen die Firmen hinnehmen. Gewinnspiele zum Beispiel bilden eine Ausnahme. Hier müssen Verbraucher einer Adressenweitergabe ausdrücklich zustimmen. Die Reform stärkt auch die betrieblichen Datenschutzbeauftragten, sie enthält zudem eine Generalklausel zum Arbeitnehmer-Datenschutz. Diese fasse zusammen, was bisher schon gängige Rechtsprechung sei, sagte der Abgeordnete Michael Bürsch, der die Verhandlungen für die Sozialdemokraten geführt hatte. Durch die Aufnahme in das Gesetz werde die Rechtssicherheit aber erhöht.

Die Neuerungen will die Koalition noch in dieser Legislaturperiode beschließen. "Man kann davon ausgehen, dass das Gesetz kommt, aber natürlich entscheiden die Fraktionen", sagte der SPD-Abgeordnete Bürsch. Im besten Falle könne das Gesetz am Freitag im Bundestag verabschiedet werden. Dies ist aber auch noch in der nächsten Sitzungswoche möglich.

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15 Kommentare

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  • U
    Untertasse

    aus: Wikipedia

     

    Plutokratie in der Gegenwart

     

    In heutiger Zeit erkennen einige Politikwissenschaftler auch im System der USA plutokratische Züge, wie auch in vielen anderen westlichen Ländern. Begründet wird diese Argumentation mit der Struktur der Rekrutierung politischer Eliten, die häufig eng verknüpft sind mit wirtschaftlichen Führungsschichten. Teilweise wird diese Macht zusätzlich durch einflussreiche Massenmedien gestützt - ein Beispiel im Zusammenhang mit der neokonservativen Weltanschauung wäre das Wirken des Medienimperiums von Rupert Murdoch. Die Verwendung des Begriffes Plutokratie in Bezug auf die USA ist umstritten, da dieser während der Zeit des Nationalsozialismus insbesondere gegen die USA und Großbritannien als Kampfbegriff verwendet wurde.

     

    Kevin Philips, Autor und politischer Stratege von US-Präsident Richard Nixon erklärte, dass die Vereinigte Staaten von Amerika eine "Plutokratie" seien, in denen es eine "Vereinigung von Geld und Regierung" gäbe.

  • L
    Linkshänder

    @bananenkopf:

    Du hast ja so Recht. Aber dadurch das viele Menschen frust schiebt, statt sich demokratisch zu wehren, glaube ich nicht an einer Veränderung.Auch politisch ist es schwer gehört zu werden. Die vielen Nichtwähler verstehen sich als Protest. Was sie aber nicht sind. Die etablierten Parteien freuen sich.Dieser Artikel sollte zwingend jeden SPD Wähler motivieren eine alternative soziale Partei zu wählen. Die SPD ist einfach kaum noch zu ertragen. Auf Bundesebene. Auf Länderebene gibt es noch Mitglieder die für soziale Gerechtigkeit stehen. Wenn auch wenige. Also ich pflichte dir zu 100% zu.

  • VF
    vic @ Frank

    Französiche Jugendliche haben aus verschiedenen Gründen schon mehr Autos abgefackelt, als in Deutschland vermutlich derzeit noch hergestellt werden. Naja zumindest einige.

    Man kann das durchaus Proteste nennen.

  • U
    Unglaublich

    Die SPD wird nach der nächten Wahl noch enttäuschter sein. Ganz besonders pikant ist die grobe Schieflage durch den freien Datenhandel für die wirtschaft auf der einen und die Internetzensur für die Bürger auf der anderen Seite.

  • F
    Frank

    Andi: Meinen Sie etwa das französische Volk, dessen Senat mit 297 zu 15 Stimmen für die Einführung eines "Internetverbot" bei dreimaliger Copyrightverletzung das Internet sperren lässt? Komisch dass es dagegen bisher noch keine wirklichen Proteste aus dem Volk gab.

  • J
    JaSicher

    Die SPD ist ein schlechter Witz.

    Hoffentlich wird bald wieder Wahlkampf damit man deren Mitglieder für den Verrat ihrer Partei an unseren Bürgerrechten zur Rede stellen kann.

    Charakterlose Abnicker, nichts anderes.

  • T
    tnj

    Der Zweckbindungsgrundsatz aus dem Datenschutzgesetz ist nicht interpretierbar - jegliche Auslegungen sind Versuche, illegalen Datenverrat zu legalisieren. Über Beteiligungen verdient der Staat auch kräftig am geheimen Abverkauf personenbezogener Daten mit.

    What's next?

    Die informationelle Selbstbestimmung wird gekippt, weil sie Arbeitsplätze kostet!?! Unternehmen entsteht ja ein wirtschaftlicher Schaden, wenn das Zusatzgeschäft Datenabverkauf wegfiele - ergo: wir müssen das Vetrauen in den Rechtstaat abschaffen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

  • D
    danielj

    Schon erstaunlich wie widerstandslos sich die SPD ein ums andere Mal von ihrem sog. Koalitionspartner vorführen lässt.

  • L
    Luftikus

    Die SPD ist enttäuscht - hoffentlich über sich selbst. Sie hätte sich ja durchsetzen können, statt mal wieder vor der CDU umzufallen und jetzt zu jammern.

  • I
    ImmerDasGleiche

    Und da wird sie mit einem Male wieder ganz klein, die große Koalition. Ein bissel Druck von der Wirtschaft und schon brechen ihre Knie wie dünne Streichhölzer zusammen. Und dieser Verein erzählt uns, er würde Politik fürs Volk machen. Das ich nicht lache. Wenn sie nicht aus Feigheit sterben, dann brechen sie sicherlich unter dem Gewicht der Schmiergelder zusammen.

  • R
    reblek

    Könnte es sein, dass nicht alles, was an gesetzlichen Veränderungen stattfindet, als "Reform" zu bezeichnen ist? Wo bleibt da das Recht des Reaktionären, also der Rückwärtsentwicklung von Gesellschaftlichem und Staatlichem? Oder eher das Unrecht, das regelmäßig geschieht?

  • V
    vic

    Dies Geschicke und Gesetze dieses Landes werden von Firmen und deren Interessen diktiert.

    Die politischen Verantwortlichen sowohl in Berlin, als auch in Brüssel/Straßburg, sind nur überflüssiges und teures Beiwerk.

    Für die kommende Legislaturperiode können sich Konzernchefs schonmal beruhigt zurücklehnen.

    Das geht so lange, bis dem deutschen Urnenpöbel Brot und Spiele, konkret: Billiglohn und Dumpf-TV nicht mehr genügen.

  • B
    bananenkopf

    Leider wie nicht anders zu erwarten...

     

    Unsere Politik wird leider nicht von Vernunft sondern von Lobbies und Geld gelenkt... es wird getan was "der Wirtschaft" und "dem Wachstum" gut tut, und solange das die obersten Ziele bleiben wird sich daran auch nichts ändern.

     

    Ein wahren Armutszeugnis für Deutschland!

     

    Aber naja, dass das DatSchG in diesem Land mit Füßen getreten wird und in vielen Fällen nur auf Papier existiert ist ja auch nichts neues.

     

    In diesem Sinne... it's time to change something.

    IHR HABT ES BEI DER WAHL IN DER HAND!

    ~bananenkopf

  • A
    Andi

    Es gibt ein Volk auf diesem Planeten, das weiß,

    wie man sich gegen Lügen der Politik währt und Sie

    in die Knie zwingt.

    Von Deutschland kann gar nicht die Rede sein.

    Das deutsche Volk ist ein dummes Volk.

    Welches Volk es ist?

    Frankzösische Volk.

  • S
    Schulz

    Schweine oder Hyänen!

    Wer ohne das Mitbestimmungsrecht, welches auch im Nachhinein veraenderbar sein muss, Daten weiterverkauft ist obengenanntes.... konkurrenzloses schlechtes und boesartiges Unternehmen!