„Knöllchen-Horst“ vor Gericht : Vom Jäger zum Gejagten
■ aus Osterode, bekannt als „Knöllchen-Horst“, hat bereits 15.000 Anzeigen erstattet.Foto: Christoph Boeckheler
Jahrelang brachte er seine Mitbürger durch Strafanzeigen wegen Falschparkens zur Weißglut, gestern stand der Osteroder Frührentner Horst-Werner Nilges selbst wegen eines Verkehrsdelikts vor Gericht. Unter großem Medienandrang musste sich „Knöllchen-Horst“ vor dem Amtsgericht Herzberg verantworten. Ihm wurde fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung um zehn Stundenkilometer vorgeworfen.
Am 10. März rauschte der Verkehrssünder-Jäger mit 63 Kilometer pro Stunde im Kreis Osterode in eine Radarkontrolle. Zulässig waren 50. Auf einen Verwarnungsbescheid über zehn Euro hatte der 56-Jährige nicht reagiert und gegen den Bußgeldbescheid kommentarlos Einspruch eingelegt. Wegen des von einem mobilen „Blitzer“ gemachten Fotos zeigte Nilges den Landkreis wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild an.
Nilges hat bereits rund 15.000-mal Anzeige erstattet. In den meisten Fällen ging es um Parken im Halteverbot. Vor zwei Jahren zeigte er sogar die Besatzung eines Rettungshubschraubers wegen „behindernden Parkens“ an. Der Helikopter hatte einen Einsatz und stand auf dem Bürgersteig.
In der gestrigen Verhandlung zeigte sich Nilges kampfeslustig. Mit seinem Anwalt ließ er einen Beweisantrag nach dem anderen los: die fraglichen Fotos dürften in dem Verfahren nicht verwendet werden, weil das Bundesverfassungsgericht kürzlich verdachtsunabhängige Aufnahmen als Beweismittel für unzulässig erklärt habe. Es sei zu prüfen, ob die Geschwindigkeitsmessapparatur dauerhaft und damit verdachtsunabhängig im Einsatz war. Die Zeugin, die die Kamera bediente, hielt Nilges für unglaubwürdig. Er wollte sie deshalb vereidigen lassen.
Richter Carsten Schindler, der sämtliche Anträge als nicht notwendig ablehnte, sah sich schließlich einem Befangenheitsantrag ausgesetzt. Damit hatte Nilges aber keinen Erfolg. Später bekam Nilges dann im Urteil bescheinigt, dass er sich einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung schuldig gemacht und zehn Euro plus zu zahlen habe. Ob er gegen das Urteil vorgehen wird, ließ der Frührentner offen. REIMAR PAUL