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Knapper Sieg im Ryder CupEuropa gewinnt den Golfkrieg

Im Golf-Kontinentalvergleich Ryder Cup schaffte Europa gegen die USA ein großes Comeback. Den entscheidenden Punkt machte der Deutsche Martin Kaymer.

Die USA am Boden: Jim Furyk stellt den Ausgang des Ryder Cups pantomimisch nach. Bild: reuters

Martin Kaymer, der zuletzt so schwächelnde deutsche Golfer, hatte erneut nicht gut gespielt. Am Freitagmittag hatte er sein Doppel (mit Justin Rose) hergegeben und wurde dann erst gar nicht mehr eingesetzt. Auch jetzt, in seinem Duell gegen den US-Amerikaner Steve Stricker, versagte er zum Ende hin per Wasserschlag und einem einfachem Fehlput. Aber er war noch im Spiel, weil auch beim US-Routinier die Nerven bebten. Und es stand 13:13. Kaymer hatte diesen einen kleinen allerletzten Put für sein Team aus zwei Metern vor sich. Auf dem letzten Grün.

Dieser Put würde entscheiden, worum zwei fanatische Mannschaften drei Tage lang von früh morgens bis zur Dämmerung vor geschätzt 500 Millionen Fernsehzuschauern gefightet hatten. Um den Ryder Cup, diesem prestigeprallen hässlichen kleinen Goldpokal, der den Golfern alles bedeutet. Und der aus den sonst so reservierten und vornehm zurückgenommenen Golfsportlern rasende Irrwische macht.

Dieser eine Ball. Versager werden oder Held in dieser großen Aufholjagd. Kaymer traf. Kaymer stand einen Moment in regungsloser Siegerpose. Dann sprang er auf seinen spanischen Kollegen Sergio Garcia und wurde im Teamtross kindisch jauchzender Golfmillionäre schier erdrückt. Kapitän Olazábal weinte.

Freitag und Samstag waren die Europäer fast untergegangen und wirkten so chancenlos wie ein Drittligist in Unterzahl beim FC Bayern. Es stand zwischenzeitlich 4:10, erst die beiden letzten Doppel konnten ihre Spiele drehen und auf 6:10 verkürzen. Aus einem 6:10 auswärts vor über 40.000 verzückten und fanatischen „USA, USA“-Brüllern noch einen Sieg zu machen, das war historisch ohne Beispiel und jenseits realistischer Vorstellungskraft – zumal in den Einzeln, die in der Geschichte fast immer eine Domäne der Amerikaner waren.

Nicht totzukriegen

Doch bald stand es 10:10, die europäischen Spieler auf der Verliererstraße gaben nie auf, verkürzten so ihren Rückstand. Motto: Es geht noch, wir sind nicht totzukriegen. Kaymers Put war dann der Showdown bei „einer der größten Shows auf Erden“, in der sich der nordirische Vizekapitän Darren Clarke nachher wähnte. Andere sprachen vom „Mirakel von Medinah“, von heroisch, historisch, episch, beispiellos im Weltteamsport.

US-Kapitän Davis Love III sagte mit Steinmine: „Wir sind alle fassungslos.“ US-Kommentatoren zerfleischen ihren Kapitän jetzt, wegen taktischer Fehler und voreiliger Siegesarroganz. Die vernichtende Schmach trifft die patriotischen USA ins Mark. Den ersten Witz gibts auch schon: Love wechselt zu Pepsi. Als Fachmann. Da hat er auch lauter Flaschen um sich.

Martin Kaymer „möchte in solch einer Situation im Leben nicht mehr sein“. Sekunden vor dem Put habe er an Bernhard Langer gedacht, der in fast identischer Lage 1991 den Ryder-Cup-Sieg vergeben hatte. „Das passiert nicht zwei Mal!“ sei ihm durch den Kopf gegangen. Und er habe an Kumpel Poulter gedacht, was der tun würde. Versenken! Das winzige Loch ist doch riesig! Und dann lostoben!

Bei der Siegerehrung mit „Europe, Europe“-Sprechchören war auch Tiger Woods nur noch Randgeschichte. Der einstige Überflieger konnte noch nie vom fokussierten Individualsportler auf Ryder-Cup-Teamraserei switchen. Aber diesmal hatte er besonders unterirdisch alle drei Doppel verloren, im bedeutungslosen letzten Einzel am Ende fahrig noch den Sieg verschenkt und war nach zahllosen grotesken Fehlschlägen in die Wälder zum Woods in the Woods geworden.

Fulminanter Neuling

Oder Europas fulminanter belgischer Neuling Nicolas Colsaerts, der Freitag mit einer 62er Runde die beste Debutrunde in der Ryder-Cup-Geschichte schaffte. Oder US-Veteran Phil Mickelson, mit neun Einsätzen jetzt Ryder-Cup-Rekordspieler, der alle drei Doppel überragend gewann – und am Sonntag sein Match auf den letzten beiden Löchern gegen den jungen Briten Justin Rose verlor.

Jenseits von Kaymer war nur Ian Poulter in aller Munde, der golfende Hooligan, der mit „electric spirit“, wie er sagte, alle seine Matches gewann und damit jenen brennenden Teamgeist erzeugte, der den Sieg brachte.

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9 Kommentare

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  • S
    Stoffel

    Der Titel ist grandios und absolut angemessen. Wer mal - wenn auch nur zufällig, so wie ich - auch nur in der Nähe des Ryder Cup ist, noch dazu in den USA, der kann bestätigen, dass es sich hierbei um für unsere Verhältnisse sehr verbissene, martialisch anmutende und extrem patriotisch ausgelebte Veranstaltung handelt, die nur zufällig mit Sport zusammenfällt. Ich war '99 in Boston, als in der Nähe der Kampf stattfand. Es ging sehr knapp aus für die USA. Das Getöse war befremdlich, sogar abstoßend. Vor allem, wenn man erlebt, wie friedlich-freundlich Club-Sport in den USA verläuft.

  • D
    Dirk

    Ich kann Kurt und Karl nur zustimmen!

     

    Der Artikel ist Klasse - und für mich als Nicht-TAZ-Leser, ein Grund hier öfter mal rein zu schaun.

     

    Wer hier was zu meckern hat, nähert sich dem deutsch-intelektuellen Spießbürgertum...

    ...und hat bestimmt noch nie einen Golfschläger in der Hand gehabt!

  • M
    Max

    Aber natürlich ist der Ryder Cup ein Golf-Krieg. Und zwar einer vom allerfeinsten, auf den ich mich jedes Jahr wieder auf's neue freuen kann. Ich zitiere hier Bobby Jones: "Golf is a game that is played on a five-inch course, the distance between your ears"

  • KK
    Karl K

    Was eine launige Skizze.

     

    Woods in the Woods. Schöön.

     

    Ja als alter racerower und sonst Flaneur:

    Golf ist für mich mit Abstand die demütigendste Sportart.

    Du knallst das Ding über 200 m, liegst 5 Punkte vorm Feld

    und - dieses runde Stück weiße Sch… knallt zwischen die Bäume, rollt in sandtraps, geht baden und meidet the hole, wie die Pest.

    Alles in einem Spiel!

    Und - schauckelst mit zittrigen Fingern das Ding mit einem Punkt nach Hause - oder auch nicht.

    Phil - oder Karl-Heinz. Anyway.

     

    Schade, daß immer noch so viele ' sportferne' A…. löcherwise anzutreffen sind.

     

    Ps die Überschrift - ach Gottchen, ihr humorlosen Ritter der Petitesse:

    macht mal halblang und haltet einfach den Rand. Danke.

  • ML
    mr l.

    solche überschriften im sportteil - das kriegten ja nicht mal die reporter der berühmten schwachsinnszeitung hin.

    liebe taz, überlegt euch doch einfach mal wieder zum alten sportteil zurückzukehren. früher hab ich den mit einem grinsen im gesicht gelesen, heute meißtens gar nicht mehr. auch viele berichte über z.b. den fußball sind oberflächlich, schlicht unrichtig und tatsächlich auch schon mal als "thema verfahlt" zu betrachten. wer sich worklich für eine sportart interessiert holt sich seine informationen eh nicht in der taz.

  • KT
    Kurt T.

    Ich weiss nicht, was mich mehr nervt. Das Rechtsextreme hier ab und an die Kommentarspalten zumüllen oder die immer wieder offen zur Schau gestellte absolute Humorlosigkeit der Taz-Leser. Sind das alles Trolle oder ist die Aufregung wirklich ernst gemeint?

    Den Titel find ich großartig.

  • GB
    Guido Buchwald

    "Europa gewinnt den Golfkrieg"

    - es gibt Wortspiele, die sind nicht lustig.

    Dieses gefällt mir jedoch sehr!

    Das reicht ja fast den geflügelten "Deutschen Panzern" oder "Blitzkriegsiegen" der Nationalmannschaft das Wasser.

    Weiter so, liebe ... Axel Springer Redaktion!

  • AG
    Anton Gorodezky

    Während der Fußball-WM wurde hier (durchaus zurecht) kritisiert, dass Fußballpartien gerne mal zum nationalistischen Ereignis hochstilisiert werden. Und jetzt lässt die taz das Team Europa den Golfkrieg gegen die Amerikaner gewinnen?

     

    Glückwunsch allerdings an die Sportler.

  • ME
    Moritz Eyer

    Europa gewinnt den Golfkrieg - die Schlagzeile ist ja mal völlig daneben!

     

    Ist es jetzt auch schon bei der taz angekommen, ein friedliches Sportevent als "Krieg" zu bezeichnen? Da braucht sich ja niemand mehr wundern, wenn Krieg als etwas völlig normales und harmloses hingenommen wird, wenn jetzt sogar hier schon Wortspiele damit betrieben werden.