Knackpunkt bei den Vorwahlen: Kampf um die Latinos
Der Boomstaat Nevada spielt erstmals eine Rolle bei den Vorwahlen. Weil es ein Patt zwischen Clinton und Obama gibt, wird jeder Imbiss wichtig.
WASHINGTON taz Erstmals spielt Nevada, der am schnellsten wachsende US-Staat, überhaupt eine wichtige Rolle im komplizierten Wahlprozess der Vereinigten Staaten. Die Demokratische Parteiführung in Washington hatte dem westlichen Bundesstaat eine prominente Rolle bei der Kandidatennominierung eingeräumt, um die Stimmen der rasant wachsenden Latino- und Hispaniccommunities für sich in Wert setzen zu können.
Die Kandidaten müssen sich für den Wüstenstaat um geeignete Stilmittel bemühen. Obamas Team feilt schon an spanischen Textpassagen in seinen Wahlkampfreden. Hillary Clinton schaute diese Woche bei einem mexikanischen Imbiss vorbei und biss in pikante Taco-Sandwichs. Die Ex-First Lady besuchte zudem eine Immigrantenfamilie.
Das Ganze hat Methode, denn die Zuwanderer aus Lateinamerika haben die Afroamerikaner als zweitgrößte Bevölkerungsgruppe abgelöst. In Nevada ist heute jeder Vierte der zweieinhalb Millionen Einwohner ein Latino, ein Anteil der sich seit 1990 vervierfacht hat. Die Latinos, das zeigt dieser Wahlkampf deutlicher als je einer zuvor, sind das neu entdeckte Stimmenreservoir einer bislang ignorierten Minderheit.
In Iowa und New Hampshire, den ersten beiden Vorwahlstaaten, hatten sich Clinton, Obama und John Edwards um eine Wählerschaft bemüht, die zu 95 Prozent weißer Hautfarbe war. Mit dem frühen Vorwahltermin für Nevada wollte die Partei diese Schieflage korrigieren und weil es zwischen Obama und Clinton bislang eins zu eins steht, haben Nevadas Wählende nun wirklich das Sagen.
Wie sie sich entscheiden könnten, bei dieser Frage tappen US-Meinungsforscher im Dunkeln. Latinos seien politisch nicht klar einzuordnen, sind sich Soziologen einig. In sozialen Fragen seien sie konservativer Mainstream, komme es aber zu Fragen der Immigration, denken sie naheliegender Weise sehr liberal oder sehr konservativ.
Analysten rätseln, wie vor allem der schwarze Kandidat Obama bei den Latinos ankommen könnte. Wahldaten-Auswertungen im benachbarten Kalifornien legen den Schluss nahe, dass Latinos zurückhaltend seien, wenn es um afroamerikanische Kandidaten geht. Zwischen beiden Minderheiten gibt es in Kalifornien seit langem unterschwellige und wachsende Rivalitäten um knappe Ressourcen wie Jobs und billige Wohnungen. "Für mich ist es sehr wichtig, mit spanischsprachiger Werbung meine Ideen bekannt zu machen," erklärte Obama US-Medien. Wie seine Rivalin Clinton auch, spricht Obama darin Bildungs- und Gesundheitsthemen sowie Seuerkürzungen für Arbeitnehmer an.
Gute Karten im Glücksspiel- und Casinostaat hat Obama durch die kürzlich ergangene Wahlempfehlung der Gastronomie-Gewerkschaft. Die verfügt mit rund 60.000 Mitgliedern - darunter zahlreichen Latinos - über großen Einfluß in den bekannten Casinos von Las Vegas. Und Obamas Zusatzzahl lautet: Lange sahen Umfragen Clinton weit vorne, zuletzt konnte Obama sie knapp überholen.
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