■ Klosterfrau Äbtissinnengeist: Per Annonce ins Kloster gelockt
„Das Leben ist ein Abenteuer, sagt Erika Krüger. Für die 55-jährige Bremerin gehört dazu auch ihre Bewerbung auf eine ungewöhnliche Stellenanzeige. Am 11. Dezember wird Erika Krüger als Äbtissin des evangelischen Damenstiftes Kloster Ebstorf bei Uelzen eingeführt.
Erstmals in der mehr als 800-jährigen Geschichte des Klos-ters war diese Stelle öffentlich ausgeschrieben worden. Als Erika Krüger klar wurde, dass sie sich in einem Kloster beworben hatte, habe sie „erst einmal geschluckt“, sagt sie. In der Stellenanzeige sei dieses Wort nämlich nicht erwähnt gewesen, erinnert sich die damalige Leiterin eines Heimes für behinderte Menschen. Doch erste Besuche in Ebstorf ließen ihre Vorurteile schwinden: „Statt auf Enge stieß ich auf Weite.“ Das „eigenwillige Gebäude“ faszinierte sie ebenso wie die Persönlichkeiten, die darin lebten.
Das 1197 erstmals urkundlich erwähnte einstige Benediktiner Nonnenkloster Ebstorf beherbergt seit 1711 ein evangelisches Damenstift. Neben der Äbtissin leben dort zur Zeit sechs Frauen im Alter zwischen 64 und 80 Jahren. Zu ihren Aufgaben gehört es, den jährlich mehr als 10.000 Besuchern die Kunstschätze des Hauses und mit ihnen die christliche Botschaft nahe zu bringen. Die Klosterdamen führten ein Leben zwischen mehr als 800-jähriger Tradition und Moderne, sagt Irmgard von Funcke, die nach sechseinhalb Jahren als Äbtissin in den verdienten Ruhestand geht.
„Hier lebt man nicht nur für sich, sondern für eine Aufgabe. Obwohl jede Dame einen eigenen Haushalt führe, werde die Gemeinschaft gepflegt, sagt die 70-jährige ehemalige Juristin. Dies mache den Zauber des Hauses aus. „Es sind besondere Menschen, die hier landen. Man muss sich in das Kloster verlieben“. Auch Erika Krüger hat sich ganz bewusst dafür entschieden, als Äbtissin geistliche und wirtschaftliche Leiterin des Klosters zu werden.
Beruflich hat die geschiedene Mutter und Großmutter schon öfter die Weichen neu gestellt. Sie war technische Zeichnerin, studierte Lehramt und war später in Bremen und Umgebung vor allem in der Weiterbildung von Sozialhilfeempfängern tätig. Mit der Kirche verbindet die angehende Äbtissin eine durchaus wechselvolle Geschichte: Aus Ärger über ihre damaligen Gemeindepastoren, die sich zu wenig sozial engagierten, war sie 1968 ausgetreten. Spätere Begegnungen änderten ihr Bild, so dass sie 1998 „mit Spaß und Überzeugung“ wieder in die bremische Kirche eintrat. Heute ist für sie die Kirche der einzige Ort, „an dem noch soziales Engagement gelebt wird“.
Karen Miether/epd
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