: Klingen wie die Großen
VINTAGE-JAZZ UND AFRO-FUNK Einfach wärmer als Computerklänge: Auf ihrem aktuellen, vierten Album „Isle of Magic“ setzt die italienische Jazz-Kombo MopMop ganz auf die Technik der 70er und den Sound von Vorbildern wie Max Roach. Jetzt sind MopMop mit dem trinidadischen Sänger Anthony Joseph auf Tour
Alex Trebo greift in die Tasten und schließt die Augen beim satten Klang des Klaviers. „Das kann kein Computer ersetzen. So ein Teil klingt einfach wärmer“, sagt der Pianist von MopMop und lässt die Finger über ein paar Tasten gleiten. „Zur Tour müssen dann alle ran und schleppen“, schiebt der kleine Pianist nach und lächelt spöttisch. Trebo und seine Kollegen sind mit großen Gepäck unterwegs, wenn es wie derzeit auf Tour geht. Neben den analogen Instrumenten müssen auch alte Mischpulte, Tapes und Kompressoren mit auf Tour, denn schließlich wollen MopMop so klingen wie die großen Kollegen aus den 70er. Temptations, JB’s und Schlagzeugguru Max Roach heißen die Idole. Letzterer ist auch Pate der Band, die sich zur Jahrtausendwende im italienischen Bologna gründete.
Dort lernten sich die beiden Köpfe von MopMop, Alex Trebo und Schlagzeuger Andrea Benini kennen und gemeinsam machten sie mit ein paar Kumpels die Straßen der norditalienischen Universitätsstadt mit Blues und Bebop unsicher. Schließlich gründeten sie zur Jahrtausendwende MopMop und der Name ist Programm. In einem alten Jazzlexikon wurde das Wort als abschätziger Begriff für Musiker erklärt, die auf einem Akkord hängenbleiben. „Das ist bei uns durchaus der Fall, denn wir greifen Akkorde gerne wieder auf“, erklärt Benini lachend. MopMop ist jedoch auch eine Hommage an den Schlagzeuger und Bebop-Pionier Max Roach. Roach ist ein Vorbild Andrea Beninis, der als Schlagzeuger, Komponist und Arrangeur gemeinsam mit Trebo ein kongeniales Duo bildet. Dessen Lebensmittelpunkt hat sich nach Deutschland verschoben, nicht nur weil das Plattenlabel eben dort sitzt, sondern auch weil Berlin für die beiden interessanter ist als so manche andere Metropole in Europa.
In Wedding haben sie ihr Domizil aufgeschlagen und im Studio, in dem MopMop arbeiten, stapeln sich analoge Gerätschaften: Recorder, Plattenspieler, Mischpulte. Wie auf dem Flohmarkt sieht es aus, nur dass die analogen Gerätschaften auch angeschlossen sind. Benini ist überzeugt, dass der Körper, das Hirn, die Beine fühlen, dass Sounds analoger Provenienz organischer sind. Und so setzte er für das vierte MopMop-Album „Isle Of Magic“ ganz auf die Technik der 1970er Jahre. Das bringt Umstellungen mit sich, denn der Sound von vorgestern lässt sich nicht einfach als Soundfile auf dem Laptop abspeichern. Folgerichtig müsse man zielstrebiger, konzentrierter arbeiten, erklärt Alex Trebo, der für MopMop alle möglichen und unmöglichen Tasteninstrumente bedient. Wie schon bei den ersten drei Alben, bei denen Musiker wie Sänger wie Alan Farrington oder Baby Sol mitwirkten, ist auch „Isle of Magic“ ein Kooperationsprojekt mit Gleichgesinnten. Anthony Joseph ist einer von ihnen. Der aus Trinidad stammende, aber in London lebende Dichter, Performer und Sänger hat Andrea Benini auf Youtube entdeckt und spontan den Kontakt aufgenommen. Joseph gefielen die MopMop-Demos, ein paar Wochen später stand der Mann, zu dessen Markenzeichen coole Hüte und ein Vollbart gehören, im Berliner Studio.
Die Chemie zwischen MopMop und dem Sänger stimmte, weshalb Joseph auch auf der Tour mit von der Partie ist. Das gilt leider nicht für den legendären Posaunisten Fred Wesley. Mit dem Bläser, der bei James Brown und bei den JB’s für Arrangements und treibende Sets verantwortlich war, hat Andrea Benini erst nach langem Zögern Kontakt aufgenommen. Schließlich gehört Wesley zu den Idolen seiner Kindheit. Doch der Altmeister war tatsächlich begeistert von den kreativen Italo-Jazzern. Zum Beispiel von den drei, vier überaus originellen und eingängigen Stücke, in denen Steel Drums und andere karibische Percussion zum Einsatz kommen. Dazu gehört auch die Instrumental-Hymne „Kamakumba“, die Benini mit dem Tiroler Perkussionisten Max Castlunger produziert hat. Die wird live sicherlich genauso zu hören sein wie „Three Times Bossa“ – der Hit aus dem letzten Woody-Allen-Film „To Rome With Love“.KNUT HENKEL
■ Hannover: Fr, 22. 3., 22 Uhr, Cumberlandsche Galerie, Prinzenstraße 9; Hamburg: Sa, 23. 3., 19 Uhr, Mojo Club, Reeperbahn 1