Klimaschutzgesetz, nur welches?: Lompscher schont die Vermieter
Die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) will nur noch wenige Hauseigentümer zu Investitionen in den Klimaschutz ihrer Gebäude verpflichten.
Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat ihren Vorschlag für ein Klimaschutzgesetz entschärft. Der Entwurf, der der taz vorliegt, bleibt deutlich hinter dem ersten Entwurf aus dem vergangenen Jahr zurück. Nun sollen nur noch wenige Hausbesitzer zum Klimaschutz verpflichtet werden. Die Grünen kritisieren, dies sei "ein Klimaschutzgesetz ohne Klimaschutz".
Nach Angaben der EU-Kommission sind Gebäude "der größte Energieverbraucher und Verursacher von CO2-Emissionen" und verantwortlich für "rund 40 Prozent der Kohlendioxidemissionen". Gerade hier gebe es "ein erhebliches, nicht ausgeschöpftes Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen". Bis zum Jahr 2020 könnte ein Viertel dieses CO2-Verbrauches eingespart werden.
Doch dazu müsste man die Häuser besser dämmen. Die Investitionen müssten die Vermieter bezahlen, die daran aber kein Interesse haben - schließlich müssen sie nicht selbst die hohen Heizkosten zahlen, sondern die Mieter. Das Land will nun Hauseigentümern vorschreiben, in den Klimaschutz zu investieren.
In dem ersten Entwurf von Lompscher war vorgesehen, dass die Klimaschutzpflicht greift, sobald die Heizungsanlage eines Hauses älter als 20 Jahre ist. Der Verband der Wohnungsunternehmen hatte damit gedroht, dass dann die Mieten deutlich steigen würden. Die SPD hatte daraufhin angekündigt, sie werde nur eine entschärfte Version des Gesetzes mittragen.
In dem Gesetz sind jetzt zahlreiche Ausnahmen neu hinzugekommen. Im ersten Entwurf hieß es etwa, die Klimaschutzpflicht gelte, wenn eine Heizungsanlage entweder 20 Jahre alt ist oder sie ohnehin gerade ausgewechselt wird. Die zweite Alternative ist jetzt weggefallen. Wer alle 19 Jahre den Heizkessel wechselt, kann sich so vor größeren Investitionen drücken. Auch die Eigentümer von Wohnungen mit Gasetagenheizungen und Kohleöfen dürfen das Gesetz ignorieren. Es gilt auch nicht für Gebäude, deren Energieausweis einen Energiebedarfskennwert von weniger als 200 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter anzeigt.
Wer unter die Klimaschutzpflicht fällt, hat weiterhin einen weiten Entscheidungsspielraum. Das Gebäude kann etwa besser gedämmt werden. Aber es reicht auch aus, zehn Prozent des Wärmebedarfs durch Sonnenkollektoren oder durch flüssige Biomasse zu decken. Alternativ kann zum Beispiel auch 50 Prozent der Wärme über Geothermie aus der Erde kommen oder aus dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.
Der Grünen-Energiepolitiker Michael Schäfer kritisiert: Lompscher plane ein Gesetz, "bei dem in 70 bis 80 Prozent der Gebäude überhaupt keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen". Damit würde der Senat "die Mieterinnen und Mieter den kommenden drastischen Heizkostensteigerungen schutzlos ausliefern". Deren Geld werde nun "weiter bei Erdgasoligarchen, Ölscheichs und einem schwedischen Staatskonzern" namens Vattenfall landen anstatt bei Berliner Handwerkern, die die Gebäude dämmen würden. Lompscher sei "völlig vor den Bedenkenträgern aus SPD und der Linken eingeknickt". Es solle besser ein Gesetz geben, das harte Vorgaben über den CO2-Ausstoß macht, aber den Eigentümern freie Hand lässt, wie sie dieses Ziel erreichen wollen.
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