DIE AUTOINDUSTRIE MUSS ZUM UMWELTSCHUTZ GEZWUNGEN WERDEN : Klimaschutz braucht klare Regeln
Denkt Porsche-Chef Wendelin Wiedeking an die kommenden Klimaauflagen für die Autoindustrie, fühlt er sich an sozialistische Zeiten erinnert. Audi-Vorstand Rupert Stadler meint, der Klimaschutz sei nicht Sache der Autoindustrie. Und VW-Chef Martin Winterkorn sinniert: „Sollen wir alle Trabi fahren?“ Wohl kaum.
Die populistischen Untergangstiraden sind die ganz normalen Beißreflexe von Konzernchefs, die Umweltschutz erwiesenermaßen zu ihren natürlichen Feinden zählen. Zur jüngsten, schon fast wieder vergessenen Schlacht deutscher Autohersteller zählt etwa ihr jahrelanger, verdeckter Kampf gegen den Dieselrußfilter – sowie alles, was nur der Umwelt und der Gesundheit dienen könnte und nicht den Konzernkassen. Wo aktive Verhinderung nicht erfolgreich war, versuchte man, die Öffentlichkeit mit „Selbstverpflichtungen“ hinzuhalten, die dann – leider, leider – nicht eingehalten wurden. So geschehen bei der Zusage, ab kommendem Jahr den durchschnittlichen Verbrauch von neuen Fahrzeugen auf 5,9 Liter zu drücken.
Wo aus Versprechen Lügen werden, müssen klare Regeln her. Wer sich auf Kosten der Allgemeinheit übermäßig motorisiert, der muss dafür zahlen. Wer etwa ein Luxusauto der VW-Tochter Bugatti mit 1.001 PS fahren will, dem sollte der Spaß vermiest werden. Der Vorschlag vom Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee ist ein dringend überfälliger Stich gegen das selbstgefällige Leistungsgeprotze der Autohersteller. Wer schon im Verkaufssalon als Umweltsau geoutet wird, den trifft das subtile Spiel mit Statusbewusstsein von Mercedes, BMW und VW im Kern.
Das Ökosiegel kann aber nur ein erster Schritt sein. Denn schließlich tragen auch die Käufer eine große Mitschuld am PS-Wahn der Hersteller. Der Sinneswandel beim Klima muss auch beim Kunden stattfinden. Dass dieser von selbst zur Vernunft kommt, dafür gibt es bisher leider keinerlei Anzeichen. Ökostrom zum Beispiel beziehen heute trotz aller Diskussion um den Klimawandel nur 3 Prozent aller Stromkunden. Ergo: Solange PS-Geilheit mehr zählt als Vernunft und Umweltschutz, solange müssen Klimaschutzziele von der Politik verbindlich vorgeschrieben werden. TARIK AHMIA