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Klimaschutz beim FliegenÖko-Karma mangelhaft

Mit gutem Gewissen in den Urlaub fliegen und dabei die klimaschädlichen CO2-Emissionen ausgleichen? Unseriöse Ablasshändler bieten Dumping-Preise.

Schön, aber gefährlich: Kondensstreifen bestehen aus Ruß und Schwefel. Bild: hanes23/photocase

Wie kann das denn sein? Wer als Flugreisender seine klimaschädlichen CO2-Emissionen ausgleichen will, stößt im Internet auf unzählige Anbieter - und jeder rechnet anders. Für einen Flug von München nach San Francisco und zurück soll man bei Atmosfair zum Beispiel 154 Euro zahlen. Climate Austria will dagegen 48,96 Euro haben, um mit dem Geld irgendwo anders auf der Welt entsprechend viele Klimagase einzusparen. Aber wer rechnet richtig?

Erstens müssen die Anbieter jedem Flug die richtige Menge CO2 zuordnen. Und das ist gar nicht so einfach: Ein Airbus A 340 verbraucht auf der gleichen Strecke zum Beispiel etwas mehr Sprit als eine Boeing 747. In einem nur halb ausgelasteten Flugzeug erzeugt jeder Passagier pro Kopf viel mehr Kohlendioxid als in einem vollbesetzten Flieger. In größeren Flughöhen sind die gleichen Abgase schädlicher für die Atmosphäre. Sogar innerhalb desselben Flugzeuges gibt es Unterschiede: In der ersten Klasse verbraucht man mehr CO2 pro Person, weil in der Economy-Klasse auf der gleichen Fläche mehr Reisende mitfliegen könnten.

Die Klimarechner müssen daher Durchschnittswerte zugrunde legen. Zum Teil müssen sie dabei Daten schätzen, weil die Fluggesellschaften zum Beispiel nicht die durchschnittliche Auslastung jeder einzelnen Strecke veröffentlichen. Bei guten Rechnern kann man die Flugklasse oder den Flugzeugtyp selbst angeben, wenn man ihn kennt.

Der San-Francisco-Urlauber verfliegt laut Atmosfair 6,6 Tonnen Schadstoffe. Climate Austria berechnet dagegen nur 2,4 Tonnen. Das liegt auch daran, dass dieser Anbieter sich allein auf Kohlendioxid konzentriert und andere klimaschädliche Abgase wie Ruß oder Schwefel außen vor lässt. Solch eine "Nicht-Berücksichtigung von anderen Treibhausgasen als CO2 kann das Ergebnis bis zu einem Faktor von drei verzerren", kritisiert eine Studie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die 19 Anbieter miteinander vergleicht. Atmosfair erfasst hingegen alle Abgase und rechnet sie zum besseren Vergleich in Kohlendioxid um.

Der zweite entscheidende Punkt ist der Ausgleich der entstandenen Emissionen. Mit dem Geld werden Klimaschutzprojekte finanziert - meist in Entwicklungsländern, weil man dort mit dem gleichen Geldeinsatz mehr CO2 einsparen kann. So entstehen etwa Windkraftanlagen in Nicaragua, Solarküchen in Bangladesch oder kleine Wasserkraftwerke in Honduras.

Climate Austria verlangt 20 Euro, um eine Tonne CO2 auszugleichen. Atmosfair will 3 Euro mehr. Aber wie viel kostet es wirklich?

In ihrer Studie haben die Wissenschaftler aus Eberswalde Kriterien zur Bewertung entwickelt. Relevant ist etwa, ob ein Projekt tatsächlich aufgrund der Kompensationszahlungen zustande kommt: Verwendet die Suppenküche in Bangladesch Solarkocher statt Gas, weil in Deutschland CO2 kompensiert wurde? Oder hätte sie sowieso Solarkocher angeschafft, finanziert beispielsweise mit Geldern der Entwicklungszusammenarbeit?

Bäume gelten nicht

taz

Der Wunsch: In der sonntaz berichten wir jede Woche über ein Thema, das ein Leser oder eine Leserin vorgeschlagen hat. Diesmal kommt die Anregung von taz-Genossin Diana Seiler, die uns mailte: "Als ich kürzlich von Frankfurt am Main nach La Palma fliegen wollte, habe ich auf drei Homepages von Kompensationsanbietern die Preise errechnet. Ich war sehr erstaunt, dass sich die Beträge zum Teil um fast 100 Prozent unterschieden. Mit einer gewissen Varianz hatte ich ja gerechnet, aber nicht mit so viel. Daher die Frage: Auf welcher Grundlage berechnen die Anbieter die Kompensation? Ist die so vage, dass sie zu so unterschiedlichen Beträgen kommen?"

Der Weg: Senden Sie Ihre Anregung an open@taz.de oder mit der Post an die tageszeitung, Sebastian Heiser, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin

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Diesen und viele andere Texte lesen Sie in der sonntaz vom 19./20. März 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an Ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de erhältlich. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo.

Darüber hinaus sollte die CO2-Kompensation dauerhaft sein und nicht wieder verloren gehen können. Die Förderung von Aufforstungsprojekten scheidet nach diesem Kriterium aus. "Wälder können abgeholzt werden, Bränden oder Schädlingsbefall zum Opfer fallen, so dass der gespeicherte Kohlenstoff innerhalb kurzer Zeit wieder freigesetzt wird", heißt es in der Studie. Seriöse Anbieter betrachten zudem die zu erwartende Emissionsreduktion, die ein Projekt erzielt, als zeitlich begrenzt. Sie wird den realen Gegebenheiten immer wieder angepasst, damit ein Projekt nicht nur auf dem Papier kompensiert.

Die Projekte von Atmosfair erhalten in der Studie in fast allen Bereichen die Bestnote, bei Climate Austria werden die Kriterien oft nur teilweise erfüllt. Zudem schneidet Atmosfair auch noch bei der Transparenz und Verbraucherkommunikation sehr gut ab. Das Unternehmen, das auch von Greenpeace empfohlen wird, kommt daher in dem Vergleich auf den ersten Platz. Climate Austria erhält ein "mangelhaft".

Der beste Klimaschutz ist natürlich immer noch, wenn die Emissionen gar nicht erst entstehen. Das gesparte Urlaubsgeld kann man ja trotzdem für Klimaschutzprojekte spenden.

Flugdaten eingeben und Emissionen ausgleichen: www.atmosfair.de

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