Klima-Verhandlungen: Plan B für Kopenhagen
Offiziell arbeiten alle Unterhändler an einem Erfolg der internationalen Klimakonferenz im Dezember. Doch intern basteln sie schon seit Wochen an Alternativen.
Ein Scheitern ist offiziell nicht vorgesehen: Nein, für die Klimaverhandlungen in Kopenhagen bereite er "keinen Plan B" vor, betonte Yvo de Boer, Leiter des UN-Klimasekretariats, noch vor drei Wochen in Bangkok. "Wir haben keinen Plan B", sagt auch Nicole Wilke, die Leiterin der deutschen Delegation.
Doch hinter den Kulissen arbeitet die internationale Klimadiplomatie derzeit mit Hochdruck genau daran: an einem Plan, der die Klimaverhandlungen rettet, auch wenn es in Kopenhagen nicht zu einem Vertrag kommt, der an das Kioto-Protokoll anschließt.
Denn dafür stehen die Aussichten schlecht, das wissen die Klima-Unterhändler selbst am besten. Deshalb müsse man die "Erwartungen managen, damit Kopenhagen nicht als Misserfolg empfunden wird", hieß es etwa letzte Woche auf einer Diskussion der Carnegie-Stiftung in Washington. Was immer auch in Kopenhagen nicht geschieht: Es darf kein Flopenhagen geben.
Offiziell ist das Thema ein Tabu. "Alle arbeiten daran, aber wir dürfen nichts sagen", heißt es etwa auf den Fluren des französischen Umweltministeriums in Paris. Der Minister Jean-Louis Borloo findet aber, man solle lieber "einen politischen Text von fünf Seiten finden, der alle zufriedenstellt, als unterzugehen, wenn man versucht, sich auf einen Klotz von 240 Seiten zu einigen." Auch Rajendra Pachauri, der Chef des UN-Klimarats IPCC, sagt, dass sich die Staaten "auch sechs Monate später wieder treffen können, wenn wir in Kopenhagen nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen kommen."
"Was können wir von Kopenhagen erwarten? Eine starke politische Erklärung, vielleicht die Verpflichtung auf das Ziel, den Klimawandel bei 2 Grad Celsius zu begrenzen, und ein festes Datum, um die Verhandlungen abzuschließen", sagt Eileen Claussen, die Chefin des US-Thinktanks Pew Center on Global Climate Change.
Sie spricht damit offen aus, was auch in den europäischen Hauptstädten diskutiert wird: Statt eines bindenden Vertrages soll eine "politische Erklärung" konkret langfristige Ziele zur Emissionsminderung nennen, eine weltweite Festlegung auf das 2-Grad-Ziel, wie es bereits die G 20 getan hat, und vielleicht auch ein Finanzierungsmodell für die Anpassung an den Klimawandel in den ärmsten Ländern und für den Erhalt der Regenwälder. Und vor allem: einen Zeitplan bis zum Sommer 2010, wo sich die Unterhändler wieder treffen und Nägel mit Köpfen machen. "Man könnte in Kopenhagen in der letzten Nacht die Uhr anhalten", sagt ein erfahrener Teilnehmer, "und sich sechs Monate später wieder treffen."
Eine solche Verschiebung wäre unpopulär (Greenpeace warnt bereits, weiterhin nur "Verhandlungen über Verhandlungen" zu führen), aber tatsächlich notwendig. Denn der Erfolg eines Klimaabkommens hängt maßgeblich an den USA. Die jedoch werden in Kopenhagen nur sehr eingeschränkt entscheidungsfähig sein. Selbst in den optimistischsten Szenarien ist es praktisch unmöglich, dass der US-Kongress bis Dezember ein Klimagesetz verabschiedet.
Aber nur damit könnte die US-Delegation in Kopenhagen einem detaillierten Vertrag zustimmen, hat der US-Delegationsleiter Jonathan Pershing bei der Klimakonferenz in Bangkok klargemacht. Unterzeichnet sie ohne Zustimmung des Parlaments, droht dem Deal das Schicksal des Kioto-Protokolls. Vom damaligen Vizepräsidenten Al Gore verhandelt und unterzeichnet, bekam das Protokoll in den USA nie die parlamentarische Mehrheit und trat nicht in Kraft.
Mehr Luft für einen Deal käme nicht nur den Unterhändlern und Beamten zugute, für die sich vor Kopenhagen Konferenzen und Verhandlungen ballen. Auch der oder die neue deutsche UmweltministerIn bekäme ein halbes Jahr Aufschub, sich in die wichtigsten Fragen wirklich einzuarbeiten und internationale Kontakte zu knüpfen, um als Vermittler auf dem internationalen Parkett aufzutreten.
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