: Kleines Signal an die USA
Nach der Aufwertung ist vor der Aufwertung: Weltweit wird erwartet, dass China seinen Yuan weiter verteuert. An der chinesischen Exportstärke ändert sich vorerst nichts
BERLIN taz ■ „Auch eine Reise von tausend Li beginnt mit einem ersten Schritt“, lautet ein chinesisches Sprichwort. Die meisten Kommentatoren äußerten sich gestern enttäuscht, dass China seine Währung nur um 2,1 Prozent aufgewertet hat. Allerdings würdigten alle, dass der Yuan-Kurs vom US-Dollar entkoppelt wurde und nun durch einen geheim gehaltenen Währungskorb bestimmt wird. So sagte US-Notenbankchef Alan Greenspan vor dem US-Senat: „Das ist sicher ein guter erster Schritt.“
Seit Monaten hatten insbesondere die USA gefordert, dass der Yuan aufgewertet wird. Sein Kurs lag bislang bei 8,227 zum Dollar. Diese offensichtliche Unterbewertung galt als unfairer Handelsvorteil – besonders bei Textilien. Dem US-Kongress liegen daher mehrere Gesetzesanträge vor, die Einfuhrzölle für chinesische Waren vorsehen, um die US-Industrie vor der billigen Konkurrenz zu schützen und um das US-Handelsbilanzdefizit von 160 Milliarden Dollar gegenüber China zu reduzieren.
Allerdings dürfte die jetzige Aufwertung von 2,1 Prozent noch keinen Effekt haben. „Wir gehen nicht davon aus, dass die chinesische Textilindustrie geschwächt wird“, sagte ein Sprecher der deutschen Mode-Industrie. „Es ist mehr ein psychologisches Signal, um die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen am Laufen zu halten.“ Auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement erwartet von dem „kleinen Schritt“ zunächst kaum Auswirkungen auf Deutschland.
Seit Dezember 2004 hat China angedeutet, dass es den Yuan flexibilisieren wolle – doch ausländischer Druck wurde abgelehnt. Eine Kurskorrektur war deshalb erwartet worden. Dennoch zeigten sich die Märkte vom Zeitpunkt überrascht. Nun wird spekuliert, dass China für ein positives Klima sorgen wollte, wenn Präsident Hu Jintao im September in die USA reist. Zudem steht im Dezember in Hongkong das Treffen der Welthandelsorganisation WTO an.
Statt an den Dollar ist der Yuan jetzt an einen Währungskorb gebunden, dessen Zusammensetzung Peking nicht bekannt gab. Darin dürften neben dem Dollar auch Euro und Yen sowie einige asiatische Währungen enthalten sein. Nach jedem Börsentag will Chinas Zentralbank den Kurs festlegen, der dann gegenüber dem Vortag jeweils 1,5 Prozent nach oben und unten abweichen kann.
Nun, da der Yuan nicht mehr an den Dollar gebunden ist, hob auch Malaysias Regierung die Koppelung der Landeswährung Ringgit an den US-Dollar auf. Hongkong hingegen gab bekannt, dass sich der Hongkong-Dollar weiterhin am US-Dollar orientieren werde.
Die Yuan-Aufwertung verteuert chinesische Exporte und macht Importe nach China billiger – darunter die stark nachgefragten Rohstoffe Öl und Stahl. Chinas Waren sind zu etwa Dreiviertel auf Importe angewiesen: Da sie sich durch die Yuan-Aufwertung nun verbilligen, dürften sich chinesische Produkte am Ende nur wenig verteuern – und sich die westlichen Handelsbilanzdefizite kaum reduzieren. Die Exportüberschüsse der Chinesen dürften erst abnehmen, wenn der Yuan um mindestens 10 Prozent aufgewertet wird. Dies haben US-Politiker schon mehrfach gefordert.
Die chinesischen Währungsreserven dürften inzwischen mindestens 600 Milliarden US-Dollar betragen; sie sind zu einem Großteil in US-Staatsanleihen angelegt. Durch die Yuan-Aufwertung verlieren die bisherigen Dollar-Anleihen an Wert – doch gleichzeitig werden neue Anleihen für die Chinesen billiger. Sollte der Aufwertungstrend des Yuan wie erwartet anhalten, ist daher damit zu rechnen, dass China noch mehr Papiere in anderen Währungen kauft. So fiel bereits der Kurs von US-Treasury Bonds. SVEN HANSEN