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Kleines 1x1Die Bahn, die Lokführer und das Gericht

Im Konflikt um den drohenden Streik der Lokführer klagt die Bahn bei Arbeitsgerichten in ganz Deutschland. taz.de erklärt, was uns da erwartet - und wer den Rechtsstreit gewinnen könnte.

Wohin steuern die Richter die Bahn? Bild: ap

Kommt der Streik der Lokführer nun oder nicht?

Das Ergebnis der Urabstimmung wird am kommenden Montag bekanntgegeben, mit einer ausreichenden Mehrheit wird gerechnet. Doch täglich gibt es neue Gerichtsurteile zur Zulässigkeit des Streiks, die sich auch noch widersprechen.

Warum sind so viele verschiedene Gerichte mit der Frage befasst?

Zum einen müssen regionale Bahn-Töchter bei den jeweiligen Arbeitsgerichten vor Ort klagen. So hat etwa die DB Regio NRW beim Arbeitsgericht Düsseldorf ein Verbot des Lokführerstreiks erwirkt, das freilich nur für den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen gilt. Überregionale DB-Gesellschaften wie die DB Fernverkehr müssten eigentlich beim Arbeitsgericht Frankfurt klagen, weil der Sitz der beklagten Lokführergewerkschaft GDL in Frankfurt ist. Die Bahn will aber nach Möglichkeit eine Entscheidung in Frankfurt vermeiden, weil sie 2003 beim letzten Lokführerstreik schlechte Erfahrungen mit dem Landesarbeitsgericht Hessen gemacht hat (siehe unten). Sie versuchte deshalb auch die Anträge ihrer überregionelen Töchter bei anderen Arbeitsgerichten zu stellen. Bisher mit wenig Erfolg. Am Donnerstag verwiesen die Arbeitsgerichte in Stuttgart und Hagen die Streitigkeiten zum Arbeitsgericht Frankfurt/Main.

Mit welchem Argument will die Bahn der GDL den Streik verbieten lassen?

Die Bahn beruft sich auf das vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Prinzip der Tarifeinheit. Es besagt, dass es aus praktischen Gründen nur einen Tarifvertrag im Betrieb geben darf. Ein eigenständiger Tarifvertrag für das Fahrpersonal müsste deshalb hinter den bereits geschlosssenen Tarifverträgen mit den großen Gewerkschaften transnet (im DGB) und GDBA (im Beamtenbund) zurückstehen. Die GDL wolle also für einen Tarifvertrag streiken, der gar nicht angewandt werden kann. Das sei eine unverhältnismäßige und damit unzulässige Arbeitskampfmaßnahme.

Wird die Bahn mit diesem Argument durchkommen?

Teilweise hatte sie damit schon Erfolg, zum Beispiel am Mittwoch beim Arbeitsgericht Düsseldorf. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die GDL Berufung eingelegt hat. Beim überregional entscheidenden Rechtsstreit in Frankfurt dürfte es für die Bahn schwierig werden. Denn beim letzten Lokführerstreik entschied das hessische Landesarbeitsgericht zugunsten der GDL. Das im Grundgesetz gewährleistete Streikrecht gelte selbst dann, wenn nicht sicher sei, ob der ausgehandelte Tarifvertrag später überhaupt Anwendung findet. Die Bahn und ihre Kunden müssten es hinnehmen, dass eine Gewerkschaft versuche, die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen. Möglicherweise wird die unterlegene Seite das Eilverfahren bis zum Bundesverfassungsgericht tragen. Karlsruher Beobachter gehen davon aus, dass die GDL dort bessere Chancen hat.

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1 Kommentar

 / 
  • BW
    Bernhard Weinstein

    Gestörte Kampfparität

     

    Das Problem der Tarifauseinandersetzung bei der Bahn liegt darin, dass drei Gewerkschaften eine Berufsgruppe, nämlich die Lokführer organisiert haben. Zwei davon haben nun einen Tarifvertrag mit der Bahn abgeschlossen. Dritte Gewerkschaft GdL versucht einen eigenen Weg zu gehen. Ruft die GdL nun zum Streik auf, kann sich die Bahn nicht adäquat mit einer Aussperrung wehren, weil gegenüber den Lokführern die nicht in der GdL sind, Friedenspflicht besteht. Die Kampfparität ist zu Lasten der Bahn gestört.