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„Kleiner Prinz“ fällt der Zensur zum Opfer

■ Türkische Behörden beschlagnahmen neue Übersetzung des Märchens

Istanbul (taz/AP) – Die türkischen Behörden haben eine neue Übersetzung des weltberühmten Märchens für Erwachsene „Der kleine Prinz“ des französischen Schriftstellers Antoine de Saint- Exupéry beschlagnahmt. Stein des Anstoßes ist eine Textpassage, die sich auf den Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk bezieht. Darin heißt es: „Ein türkischer Astronom hatte damals beim internationalen Astronomenkongreß einen großen Vortrag über seine Entdeckung gehalten. Aber niemand hatte ihm geglaubt, und zwar ganz einfach seines Anzugs wegen. Die großen Leute sind so. Zum Glück für den Ruf des Planeten B612 befahl ein türkischer Diktator seinem Volk bei Todesstrafe, nur noch europäische Kleider zu tragen. Der Astronom wiederholte seinen Vortrag im Jahre 1920 in einem sehr eleganten Anzug. Und diesmal gaben sie ihm alle recht.“

Die Beschlagnahme sei bereits am 15. April angeordnet worden. Sie werde damit begründet, daß der Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk mit dieser Episode erheblich beleidigt werde, hieß es am Montag aus dem Verlagshaus Nehir. Dort ist die neue Übersetzung jetzt erschienen. Das weltbekannte, 1943 verfaßte Buch war im Laufe der letzten Jahrzehnte bereits in mehreren türkischen Ausgaben erschienen und stets unbeanstandet geblieben. Doch sollen bei früheren Ausgaben die Ausführungen zu Atatürk gekürzt und entschärft worden sein.

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