■ Klaus Kinkel setzt sich nochmals für Taslima Nasrin ein: War da nicht noch wer?
Außenminister Klaus Kinkel läuft zu großer Form auf: Am Freitag wiederholte er in Bonn sein Angebot an Taslima Nasrin, die sich am Mittwoch den Behörden in Bangladesch gestellt hatte, nach Deutschland zu kommen. Sollte die FDP im Sommerloch vor den großen Wahlen die Menschenrechte als Wahlkampfthema entdecken? Wir sparen uns die Forschung nach den Motiven, die uns einen Außenminister bescheren, der jetzt schon bloß auf höflichen Druck namhafter Schriftsteller mit solchen Appellen an die Öffentlichkeit tritt: „Die mutige Entscheidung von Frau Nasrin, sich dem Gericht zu stellen, darf ihr Leben und ihre Sicherheit nicht gefährden.“ Die Regierung Bangladeschs, die sich stets auf ihre Rechtsstaatlichkeit berufen hat, so Kinkel, müsse nun den Schutz Taslima Nasrins gewährleisten oder sie ausreisen lassen, wenn sie dies wünsche.
Wir wollen vor lauter Erstaunen über solche Einsatzfreude auch einmal davon absehen, daß Bangladesch, anders als der Iran oder gar China, von gelinde gesagt geringem Interesse für die deutsche Industrie ist, was das Engagement des Außenministers enorm erleichtert haben dürfte. Solche Gedanken würden nur unnötig die Freude darüber trüben, daß die Kampagne der taz so schnell auf offene Ohren stieß. Es gäbe für den Außenminister ein einfaches Mittel, diese Freude zu verlängern: Er müßte sich entschließen, den Schwung, mit dem er neuerdings den Schutz verfolgter Schriftsteller zur Chefsache macht, auch zu Salman Rushdies Gunsten wirken zu lassen. Morgen, am 7. August, so erinnern uns die Mitarbeiter des „Rushdie Defence Committee“, zählt dessen Leben unter der Fatwa schon 2.000 Tage. In einem offenen Brief an Klaus Kinkel gratuliert das Komitee ihm zu seiner Initiative für Taslima Nasrin und fordert ihn auf, sich als Präsident des EG-Ministerrats mit gleicher Verve für Rushdie einzusetzen.
Früher hielten die Deutschen den Engländern vor, sie sagten „Menschenrechte“ und meinten Kattun. Der Imperialismus, sollte das heißen, kaschierte seine schlechten Absichten mit den hehren Menschheitsidealen. Der Spott ist den Deutschen vergangen, seit sie sich selber der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschheit schuldig gemacht haben. Es ist erfreulich, daß unser Außenminister nun, da die Deutschen zur Macht kommen, auch da für die Menschenrechte eintritt, wo weder Kattun noch sonst irgend etwas zu holen ist. Und wie erfreulich wäre es erst, wenn er sich dazu entschließen könnte, selbst dort für sie einzutreten, wo etwas zu holen ist. Jörg Lau
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