Klage gegen Brunsbütteler Kohlekraftwerk: Klimakiller vor Gericht
Umweltverbände und Anwohner klagen gegen ein Kohlekraftwerk in Brunsbüttel. Sie fürchten, dass Feinstaub-Grenzwerte überschritten und geschützte Tier- und Pflanzenarten bedroht werden.
Die Pläne, Steinkohlekraftwerke in Brunsbüttel an der Unterelbe zu errichten, scheinen zu zerbröseln. Zwei von drei Vorhaben ruhen derzeit; gegen ein drittes, das das größte Kohlekraftwerk Europas werden sollte, haben die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Umweltverband BUND und Anwohner am Dienstag Klage eingereicht. Der vom Rat der Stadt Brunsbüttel beschlossene Bebauungsplan für das Kraftwerk verstoße gegen europäische und nationale Vorschriften zum Umwelt- und Gesundheitsschutz, führen sie in ihrer Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein aus.
Die Klage richtet sich gegen das größte der drei Kraftwerksprojekte. Die Firma Südweststrom (SWS), die zur Hälfte deutschen Stadtwerken gehört, plant zwei Kraftwerksblöcke mit jeweils 900 Megawatt Leistung. Damit ließe sich die Abschaltung des benachbarten Atomkraftwerks Brunsbüttel mehr als wett machen. "Das SWS-Kohlekraftwerk würde die strombedingten Emissionen des Klimakillers CO2 in Schleswig-Holstein auf einen Schlag verdreifachen", warnte Hans-Jörg Lüth, Landesgeschäftsführer des BUND beim Erörterungstermin für die Pläne vor einem Jahr.
Bei der jetzt eingereichten Klage geht es darum nur am Rande. Die Kläger monieren, dass die zulässigen Feinstaubgrenzwerte überschritten würden, sollte das Steinkohlekraftwerk in Betrieb gehen. Feinstaub sei "das derzeit schwerwiegendste Luftreinhalteproblem in Deutschland". Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO stürben allein in Deutschland jährlich 75.000 Menschen daran. Weiterhin gelange mit dem Kraftwerksrauch Quecksilber in die Umgebung - und das, wo die Quecksilber-Grenzwerte in den Fischen und Muscheln aus der Elbe schon weit überschritten würden.
Das Kraftwerk drohe europarechtlich geschützten Tieren und Pflanzen zu schaden. Mit 60 Kubikmetern Kühlwasser aus der Elbe sauge es große Mengen an Fischeiern, Larven und kleinen Fischen an. Sollte das geplante Scheuch-Konzept nicht funktionieren, könnte es sein, dass auch größere Fische angesaugt und zumindest verletzt, wenn nicht getötet würden, warnt DUH-Sprechers Jürgen Quentin. "Es ist zu befürchten, dass einige Arten an den Rand des Aussterbens gebracht werden", sagt er. Brisant sei das im Falle des Schnäpels, der von der EU besonders geschützt wird.
Im übrigen habe es der Brunsbütteler Rat versäumt, Konsequenzen aus dem Urteil gegen das Steinkohlekraftwerk im nord-rhein-westfälischen Datteln zu ziehen. Den fast fertigen Bau des Eon-Konzerns hatte das Bundesverwaltungsgericht wegen Verstößen gegen das Umwelt- und Planungsrecht gestoppt. Wie in Datteln werde in Brunsbüttel der Mindestabstand von 1.500 Metern zum nächsten Wohnhaus nicht eingehalten, argumentieren die Kläger.
"Wir sind überzeugt, dass unser Bebauungsplan einer Überprüfung Stand hält", kontert Wilfried Hansen, der parteilose Bürgermeister Brunsbüttels. Die Stadt habe sich juristisch beraten lassen, insbesondere mit Blick auf die teilweise errichteten Kohlekraftwerke in Datteln und Hamburg-Moorburg. Brunsbüttel wolle der Industrie Planungssicherheit bieten, sagt Hansen. 4.000 Menschen arbeiteten in dem Industriepark in der Nähe des Kraftwerkstandorts. Drei Viertel aller Stadträte hätten sich für das Kraftwerk ausgesprochen. "Das ist ein Zeichen für Verlässlichkeit", findet Hansen.
Brunsbüttel, sagt der Bürgermeister, setze auf den Energiemix. 80 zum Teil große Windräder stünden auf dem Gebiet der Stadt, dazu komme ein Biomassekraftwerk und das AKW. Das zweite geplante Steinkohlekraftwerk sei von der Firma GDF Suez abgesagt worden. Auch gegen dieses Vorhaben hatten DUH, BUND und Anwohner geklagt. Hansen vermutet, dass auch die Laufzeitverlängerung für AKWs für die Entscheidung eine Rolle gespielt haben könnte. Beim dritten Kohlekraftwerksprojekt der Firma Getec auf dem Gebiet von Brunsbüttels Nachbargemeinde Büttel tut sich nach Informationen der DUH und Hansens nichts. Die Pläne kämen seit längerem nicht voran.
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