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Klage eines MitarbeitersDumping-Post vom Amt

Eine Privat-Post zahlt den verbindlichen Mindestlohn nicht und bricht so geltendes Recht. Ausgerechnet Gerichte und die Arbeitsagentur vertrauen ihr trotzdem Briefe an.

Zusteller: Lohn je nach Trickserei der Firma Bild: AP

BERLIN taz Himmelblau war die Uniform, die Kai-Uwe Möller jeden Morgen anlegte. Für die private Citipost Nordwest radelte er kreuz und quer durch Oldenburg und stellte Briefe zu. Den Briefträger-Mindestlohn bekam er dafür nie - Citipost brach damit seit Anfang Januar geltendes Recht. Ausgerechnet die größte deutsche Behörde interessierte das bislang nicht: Die Oldenburger Agentur für Arbeit ist Vorzeige-Kunde der Privat-Post.

Seit Januar hätte Kai-Uwe Möller eigentlich 9,80 Euro in der Stunde verdienen müssen. Denn das ist der verbindliche Mindestlohn für westdeutsche Briefträger. Der Arbeitgeberverband Postdienste und die Gewerkschaft Ver.di hatten ihn ausgehandelt. Anschließend baten sie den Arbeitsminister, ihre Branche ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen. Noch Ende Dezember erließ das Ministerium eine Rechtsverordnung, die jeden Post-Arbeitgeber zwingt, den Mindestlohn zu zahlen. Doch die Citipost Nordwest zahlte einfach nicht. Ihrem angestellten Briefträger Kai-Uwe Möller überwies sie auch weiterhin 180 Euro Grundgehalt im Monat einschließlich Leistungszulage und für jeden zugestellten Brief fünf Cent.

Die gut einstündige Postsortierung vor der Auslieferung bezahlte Citipost überhaupt nicht. So kam Möller auf einen Stundenlohn von vier bis fünf Euro. Immer wieder suchte er deshalb das Gepräch mit dem Depotleiter und weiteren Vorgesetzten. Doch selbst wenn er auf den geltenden Mindestlohn verwies, konterten die knapp: "Citipost kann das nicht zahlen." Und außerdem gebe es eine Gesetzeslücke, die man nutze.

Das stimmt allerdings nicht. Zwar gibt es einen Tarifvertrag, der einen Mindestlohn von höchstens 7,50 Euro pro Stunde vorsieht. Abgeschlossen haben ihn der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP) - in dem einige private Postdienstleister und auch die Citipost Nordwest organisiert sind - und die Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste (GNBZ). Der BdKEP klagte auch gegen die Rechtsverordnung des Arbeitsministers und bekam Anfang März vom Berliner Verwaltungsgericht Recht. Doch bis die Berufung des Arbeitsministeriums entschieden ist, gilt weiterhin: Alle westdeutschen Post-Arbeitgeber müssen ihren Briefträgern 9,80 Euro pro Stunde zahlen. Im Januar und Februar galt das ohnehin. Citipost brach also geltendes Recht.

Die Oldenburger Agentur für Arbeit störte das bislang nicht. Stolz zeigt Citipost Nordwest die Behörde im Internet als Kunden vor. Und Kai-Uwe Möller berichtet, dass er noch im Februar regelmäßig Briefe der Arbeitsagentur und übrigens auch verschiedener Gerichte in Oldenburg zugestellt hat - für fünf Cent das Stück. Die Oldenburger Arbeitsverwalter bestätigten der taz, dass sie seit rund zwei Jahren mit Citipost Nordwest im Geschäft sind. Ihr Vertrag sei mit vier Wochen Vorlaufzeit kündbar. Und wenn man die Hinweise auf massiven Rechtsbruch bei Citipost Nordewest bestätigt finde, "werden wir uns überlegen, auszusteigen", so Behördensprecher Günter Behrendt.

Kai-Uwe Möller nützt das nichts mehr. Weil er immer wieder auf seinem Recht bestand, den Mindestlohn zu bekommen, galt er bei Vorgesetzten bald als Querulant. Keiner der Briefträger-Kollegen hatte Möllers Mut, einen Betriebsrat gibt es nach Unternehmensangaben nicht. Die Drohung "Wenn die Gewerkschaft hier reinkommt, machen wir den Laden zu" sei alltäglich gewesen, erzählt Möller. Er selbst wurde nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit massiv zur Kündigung gedrängt - und gab schließlich zermürbt auf. Vor Gericht will er jetzt für seine Arbeit im Januar und Februar den Mindestlohn erstreiten. Und bis er einen neuen Job findet, bekommt er Geld von einer Behörde, die eigentlich gerne spart: der Oldenburger Agentur für Arbeit.

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