Kita-Streik: Akademikerkinder, spielt daheim!
In Berlin beteiligen sich an dem unbefristeten Ausstand nur die sechs Kitas des Studentenwerks. Für alle anderen landeseigenen Betriebe gilt ein anderer Tarifvertrag
Nun kommt der Kita-Streik doch noch in Berlin an. Ab Montag ruft die Gewerkschaft Verdi die rund 100 Beschäftigten an den landeseigenen Kindertagesstätten des Studentenwerks zum unbefristeten Streik auf. „Wir haben den Eindruck, dass die meisten der Einladung auch folgen werden“, sagte André Pollmann, der Studentenwerksbeauftragte bei Verdi, am Donnerstag. Rund 520 Kinder an sechs Kitas wären damit von dem Streik betroffen.
Auch beim Berliner Studentenwerk rechnet man damit, dass fast alle der dort beschäftigten ErzieherInnen streiken werden. „Wir haben unsere Mitarbeiter gefragt, und etwa 95 Prozent wollen mitmachen“, sagt Anja Kunstmann, Bereichsleiterin Kita im Studentenwerk. Nun sei man dabei, einen Notfallplan auszuarbeiten: Mithilfe von Azubis wolle man zumindest in einer Kita einen Notbetrieb aufrechterhalten. Welche das sein würde, stand am Donnerstagnachmittag noch nicht fest. „Auf verkürzte Öffnungszeiten werden sich die Eltern aber einstellen müssen“, warnt Kunstmann.
Alle anderen Beschäftigten an den kommunalen Kitas in Berlin werden im bundesweiten Arbeitskampf der ErzieherInnen, der vielerorts bereits am Freitag beginnt, nur Zaungäste sein. Der Grund für den Berliner Sonderweg liegt im Tarifdschungel des öffentlichen Dienstes: Während Beschäftigte an kommunalen Eigenbetrieben für gewöhnlich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) entlohnt werden, bezahlt das Land Berlin seine ErzieherInnen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) so wie teilweise auch die Stadtstaaten Bremen und Hamburg.
Arbeitnehmende Eltern mag das freuen. Die rund 5.500 ErzieherInnen an den fünf landeseigenen Kitabetrieben sind weniger begeistert. Es gebe viele KollegInnen, die mit den Forderungen der Gewerkschaften liebäugelten, sagt Rainer Schubert, bei den Kindergärten NordOst für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Verständlich: Verdi und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wollen die Eingruppierung von ErzieherInnen und SozialpädagogInnen in eine höhere Entgeltgruppe erreichen. Das Einstiegsgehalt für Kita-ErzieherInnen würde damit um 10 Prozent auf rund 2.500 Euro steigen.
Zwar erstritt die GEW bei der letzten Verhandlungsrunde mit dem Verband der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Ende März auch für die Angestellten nach dem TV-L eine schrittweise Lohnerhöhung um insgesamt 4,9 Prozent bis März 2016. Doch jetzt gehe es um mehr, sagt die Berliner GEW-Landesvorsitzende Doreen Siebernik. Mit zwei Lohnrunden sei es da nicht getan. Die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe setze ein anderes Signal. „Wir wollen den Erzieherberuf aufgewertet sehen“, sagt Siebernik.
Sollten die Gewerkschaften mit ihrer Forderung erfolgreich sein, stünden die ErzieherInnen an den landeseigenen Berliner Kitas – mit Ausnahme der beim Studentenwerk beschäftigten – mit einem Schlag schlechter da als ihre KollegInnen in den anderen Ländern. Sie wolle ja nicht orakeln, sagt Siebernik, aber sie habe den Eindruck, dass „die bundesweiten Entwicklungen auch unter den Beschäftigten in Berlin sehr aufmerksam wahrgenommen werden“. Einen Streik an den landeseigenen Kitas in Berlin hält Siebernik dann durchaus für denkbar.
„Die Eltern hätten dafür Verständnis“, ist sich Norman Heise, Vorsitzender beim Landeselternauschuss Kita, sicher. Auch wenn der bundesweite Streik Berlin so gut wie nicht betreffe: „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen von Eltern, die den Streik unterstützen.“
Verständnis für die ErzieherInnen hat sogar Anja Kunstmann vom Studentenwerk: „Die Unzufriedenheit über die geringe Entlohnung ist verständlich. Da wird die Chance genutzt, sich mal auf die Hinterbeine zu stellen.“
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