■ Kirch und andere steigen bei Berlusconis Sendern ein: Zahme wilde Tiere
„Wie wilde Tiere an der Wasserstelle, die sich gegenseitig verdrängen wollen“, gingen die Medienmogule miteinander um, schrieb die taz vor einigen Jahren. Die Rede war von Berlusconi, Kirch, Murdoch und Maxwell. Letzterer wurde anschließend erst von seinen Schulden und dann von den Wellen des Mittelmeers verschluckt, die anderen aber haben sich mitnichten gegenseitig verdrängt, sondern prächtig miteinander arrangiert. Sie haben gerade noch rechtzeitig entdeckt, daß sie einander brauchen. Dann nämlich, wenn ihnen wieder einmal Kontrolleure ins Gehege kommen, die Meinungsvielfalt in den Medien noch nicht (wie EU-Kommissar Bangemann) den Mächten des Marktes allein überlassen wollen.
So erweist es sich für den jeweiligen Mogul als durchaus praktisch, wenn er seine Hände in der Unschuld möglichst vieler anderer Mitgesellschafter waschen kann. Angefangen hat es mit eher kleinen Sendern: Kirch nahm Berlusconi ein Paket beim Pay-Sender Telepiú ab, Berlusconi stieg im Gegenzug bei Kirchs Deutschem Sportfernsehen ein – so daß jeder in seinem Land formell unter den Beteiligungsgrenzen bleiben konnte. Jetzt geht das Spiel in großem Stil weiter. Der Einstieg von Leo Kirch und Johann Rupert bei Berlusconis drei großen werbefinanzierten Kanälen (Marktanteil rund 45 Prozent), der in diesen Tagen perfekt gemacht wird, soll dem Italiener neben dem dringend benötigten Bargeld auch politisch Luft verschaffen. Der will schließlich noch einmal Ministerpräsident werden.
Leo Kirch will zwar nicht selber ins Bundeskanzleramt, aber seine politische Freundschaft zu Helmut Kohl steht außer Frage, und als Königsmacher dürfte er sich allemal entpuppen, nachdem er auch den Springer-Konzern kontrolliert. So liegt ihm und seinem Sohn Thomas, Miteigner von Pro 7, viel daran, den Kleinkrieg mit der Mehrzahl der deutschen Medienkontrolleure zu einem sanften Ende zu bringen. Das Muster dafür liefert eben Berlusconi mit seiner Aktiengesellschaft, wie jetzt auch Pro 7 eine werden soll: Man verkaufe einen Teil an die Medienzaren, bei denen man selbst schon Anteile besitzt, im Zweifel wird der Kaufpreis in Aktien entrichtet; man gebe einen anderen Teil an Banken, die daraus „Streubesitz“ machen, und nenne das ganze dann „Transparenz“.
Eins können Leo und Thomas Kirch Berlusconi nicht nachmachen: sich mit einem Referendum die Absolution des Wahlvolks zu holen, das in seiner zweiten Rolle als Fernsehvolk fürchtet, man wolle ihm doch nur sein liebstes Spielzeug nehmen, die Fernbedienung für die vielen privaten Kanäle. Michael Rediske
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