Kinderarmut in Griechenland: Pausenbrote aus Spendengeldern
Die Armut in Griechenland trifft vor allem die Jüngsten. Wie etwa bei Familie Papagopoulos, die mit weniger als 500 Euro pro Monat zurechtkommen muss.
ATHEN taz | Kostas und Eleni Papagopoulos leben mit ihren drei Töchtern Maria (10), Yiota (8) und Fotini (4) seit knapp einem Jahr unter der Armutsgrenze. Yiota besucht die Grundschule des Athener Stadtteil Exarchia. Vor der Mittagspause steckt die Lehrerin unauffällig Brote, die durch Spendengelder ermöglicht werden, in die Rucksäcke der bedürftigen Kinder ihrer Klasse. Auch Yiota bekommt ein Brot, damit sie in der großen Pause wie alle Kinder ein Pausenbrot aus ihrem Schulrucksack holen kann.
Familie Papagopoulos hat pro Monat weniger als 500 Euro zur Verfügung. „Wir wollen das so gut wie möglich vor den Kindern verbergen, kochen günstig und versuchen gute Laune zu verbreiten – das ist nicht immer einfach. Selbst Schulausflüge sind für uns mittlerweile eine große finanzielle Belastung“, sagt Mutter Eleni.
Die Familie musste immer schon auf ihr Geld achten, aber dass sie einmal Schwierigkeiten haben würde, ihre Kinder satt zu bekommen, hätte Eleni nicht gedacht. Maria, die älteste Tochter der fünfköpfigen Familie, soll bald das Gymnasium besuchen und muss sich nun auf die Eignungsprüfungen vorbereiten. Sie benötigt viele Bücher, die privat bezahlt werden müssen. „Ich weiß, dass meine Eltern kein Geld haben, auch wenn sie versuchen, das vor uns Kindern zu verstecken“, sagt die 10-Jährige. Eine Lehrerin unterstützt das Mädchen, indem sie ihr die Lehrbücher kopiert. Aber „es ist anstrengend, zu Hause zu lesen, weil wir jetzt zu sechst in eine Zweizimmerwohnung gezogen sind. Das ist billiger, aber ich kann nie alleine sein“, so Maria.
Im März 2011 wurde Vater Papagopoulos, der als Verkäufer den Hauptlebensunterhalt seiner Familie bestritt, entlassen. Das Geschäft ging pleite. Seitdem geht es für die Familie finanziell steil bergab, denn in Griechenland bekommt man nur ein Jahr lang ein sehr geringes Arbeitslosengeld und wird danach in die Armut entlassen. Herr Papagopoulos sucht bisher vergeblich nach einer Anstellung und arbeitet gelegentlich auf dem Bau. Eleni Papagopoulou arbeitete bis Ende letzten Jahres dreimal die Woche als Reinigungskraft. Ihr Job hat sich durch die schlechte finanzielle Lage der meisten auf nun einen Tag pro Woche reduziert.
Die Familie teilt sich die 60-Quadratmeter-Wohnung mit Elenis Bruder. „Mein Bruder zahlt die Miete, weil er ein regelmäßiges Einkommen hat. Wenn auch er seine Arbeit verliert, weiß ich nicht, wie wir weiter leben sollen“, sagt Mutter Eleni.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann