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KinderVer.di will Kita-Garantie kippen

Die Gewerkschaft fordert, den Anspruch auf einen Kitaplatz für alle Einjährigen im letzten Moment zu stoppen. Die Betreuungsqualität sei einfach nicht zu gewährleisten.

In Kitas wie dieser sollten Einjährigen sollten alle Einjährigen Anspruch auf einen Platz haben. Nun spricht sich die Gewerkschaft Ver.di dafür aus, diese Garantie zu kippen. Bild: dpa

Die Gewerkschaft Ver.di fordert die Politik auf, die Notbremse zu ziehen und die Garantie auf einen Kitaplatz für alle Kinder ab dem ersten Geburtstag zurückzuziehen. „Man muss den Menschen in dieser Stadt sagen, dass wir den Rechtsanspruch nicht erfüllen können“, sagte Wolfgang Roepke, Fachbereichsleiter Gemeinden beim Landesverband Berlin-Brandenburg von Ver.di, am Donnerstag. Es fehle an genug qualifiziertem Personal, um die Kinder angemessen zu betreuen und dem Bildungsauftrag nachzukommen.

Bis zum Jahr 2015 fehlten 5.000 Erzieher. Die Kapazitäten in den Ausbildungseinrichtungen seien nicht ausreichend. Der Plan des Senats, schlechter qualifizierte Quereinsteiger zu beschäftigen, sei nicht die richtige Lösung. Jedenfalls dann nicht, wenn sie Erzieher ersetzen sollen. Die Quereinsteiger müssten anfangs von den Kollegen eingearbeitet werden, was zusätzliche Arbeit mache, kritisierte Wolfgang Müller aus dem Betriebsrat des Kita-Eigenbetriebs Süd-West, der für die Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf zuständig ist.

Um den Bedarf langfristig decken zu können, müsse Berlin erstens mehr Plätze bei der Erzieherausbildung schaffen, sagte Müller. Zweitens müsse das Gehalt steigen, damit die fertig Ausgebildeten auch wirklich den Beruf ergreifen – derzeit springe ein Drittel ab. Um den Beruf attraktiv für Männer zu machen, müsse die Bezahlung so weit erhöht werden, dass man mit dem Geld eine Familie ernähren könne. Und schließlich müsse der Gesundheitsschutz erhöht und Stressfaktoren abgebaut werden, damit die Erzieher gesund bis zur Rente arbeiten können. Um die Qualität der Betreuung zu erhöhen, müssten ausreichende Vor- und Nachbereitungszeiten bezahlt werden.

Zuständig ist der Bund

Sollte Ver.di seine Forderungen durchsetzen, müssten die Eltern, die auf die Kitaplatzgarantie vertrauten, eine private Betreuung organisieren – und das sechs Wochen, bevor der Rechtsanspruch starten soll. Für eine entsprechende Gesetzesänderung wäre der Bund zuständig. Die schwarz-gelbe Koalition hat bisher nicht erkennen lassen, von der Garantie abzurücken. Da Ende Juni die Parlamentsferien beginnen, dürfte es auch zeitlich nicht mehr klappen, eine solche Gesetzesänderung zu beschließen. Sollten Kitaplätze fehlen, haben Eltern dann die Möglichkeiten, die Betreuung privat zu organisieren und sich die Kosten vom Land Berlin erstatten zu lassen – zur Not durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.

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6 Kommentare

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  • A
    alcibiades

    Ja genau, dafür brauchen wir die Gewerkschaften. Sie könnten ja auch mal versuchen, z.B. mal eine Million Leute auf die Strasse zu bringen für echte soziale Veränderungen und der untätigen Familienministerin die Meinung zu geigen. Aber nein, verdi hilft lieber, den status quo zu zementieren. verdi, haltet doch einfach die Klappe, wenn ihr nix Besseres beizusteuern habt.

  • MR
    Martin Riemer

    Ist die Betreuungsqualität nicht auch Aufgabe der Träger?

    (Die Kita, in die mein vierjähriger Sohn geht, wird von SüdOst getragen, der sich vollmundig als "Marktführer" bezeichnet.)

     

    Grüße,

     

    Martin Riemer

  • E
    eineFRau

    Um den Beruf attraktiv für Männer zu machen, müsse die Bezahlung so weit erhöht werden, dass man mit dem Geld eine Familie ernähren könne.

     

    Diese Aussage soll wohl ein Witz sein??

     

    Soll man das so verstehen, dass für Frauen niedrige Löhne ja selbstverständlich sein dürfen? Ich hatte mich schon gewundert, warum die Gewerkschaften auch in meinem Beruf nie fordern die niedrigen Vergütungsgruppen anzuheben mit Festbeträgen und ähnlichem -- liegt wohl daran, dass da zu 70% Frauen drin sind.

     

    Dann macht das ja nichts.

     

    erst aktiv werden, wenn man Männer da reinlocken will.

  • E
    eineFrau

    Seit wann geht es in DE denn um Qualität und das Wohl der Kinder? Eigentlich geht es die ganze Zeit nur immer um das Geld für die Frauen und neuen Arbeitsdrohnen für Arbeitgeber im übersättigten Arbeitsmarkt = Schaffung einer großen industriellen Reservearmee.

     

    anstatt den Frauen einfach so wie in Holland eine bessere Rente zu geben, sendet man sie als Reservearmee in die Vollzeitarbeitsmärkte nicht vorhandener Vollzeitstellen.

     

    soll ich mal ne Geschichte aus meiner Stadt erzählen:

     

    ehemalige Horte wo Soz.päd. Assistenten sv-pflichtig gearbeitet haben werden an Grundschulen verlegt. Auf einmal fühlt sich für Personal und Org. nicht mehr die Stadt zuständig, sondern sie sourct es an die Eltern aus als ehrenamtliches Engagement.

     

    nun sollen Eltern das machen. Statt sv-pflichtige Soz.päd. stellt man nun Minijobber ein und nur noch eine Erzieherin. Den Rest machen die Minijobber dann.

     

    DE hat gar kein Geld für Bildung übrig und keines für sv-pflichtige Stellen.

     

    DE wird zum land der Minijobber --- v.a. Frauen - das sind die Frauen, die angeblich in Vollzeit gebraucht werden.

     

    nur damit sie ihre Renten aufbessern - selbst mit Vollzeit sind viele aber Armutsrentner, denn ihre löhne snd zu schlecht.

     

    man könnte auch einfach ne gute Grundrente wie in Holland auch für Frauen mit niedrigem Einkommen schaffen - aber das ist wohl zu einfach gedacht.

     

    in DE muss ja unbedingt immer der Eckrentner und Vollzeitarbeit herhalten. Holland hat nen Rechtsanspruch auf Teilzeit, der gelebt wird.

     

    DE macht lieber Billigjobber in Vollzeit und Minijobber aus den Frauen. Mehr kinder wird es dadurch nicht geben.

     

    Eine Frau die für den ECHTEN Feminismus ist.

     

    Dieser verleugnet nicht, dass Frauen nicht industrielle Reservearmee in Niedriglohnmärkten sein sollen.

  • F
    FocusTurnier

    "Um den Beruf attraktiv für Männer zu machen, müsse die Bezahlung so weit erhöht werden, dass man mit dem Geld eine Familie ernähren könne. "

     

    Was ist denn das für ein Satz? Sind Sie der Meinung, es gibt zu wenige Männer in KiTas, weil denen die Bezahlung zu schlecht ist? Oder hat das eher andere Gründe?

  • J
    jan

    Korrupt ohne Ende. Das ganze Lohndumping der letzten 15 Jahre wäre ohne die Kollaboration der Gewerkschaften nicht möglich gewesen.