Kinder planen Stadt in Berlin: Spielplatz bauen ist kinderleicht
Kita-Kinder und GrundschülerInnen können eigene Ideen einbringen, wie ein Spiel- und Bolzplatz neu gestaltet werden soll. Das Beispiel soll Schule machen.
Aus der Styroporplatte, die für Laura und Annes Modell als Untergrund dient, ragen Draht, Zahnstocher und Alufolie heraus. Es ist ihr Entwurf, wie der Spielplatz nahe ihrer Schule künftig aussehen soll. An diesem Nachmittag stellen die beiden Zwölfjährigen ihre Idee an Ort und Stelle vor. „Viele Klettergeräte hier am Fröbelplatz müssen erneuert werden. Und wir brauchen dringend einen neuen Rasen auf dem Bolzplatz“, sagt Laura.
Tatsächlich ist der Belag des eingezäunten Fußballfeldes ganz schön abgelatscht. Weiter rechts, hinter den Hecken, stehen morsche Spielgeräte. Der Spielplatz mitten im Stadtteil Prenzlauer Berg sieht alt und heruntergekommen aus.
Das kann jetzt anders werden. Insgesamt 344.000 Euro liegen vom Bezirk für die Neugestaltung bereit. Und SechstklässlerInnen wie Laura und Anne dürfen mitplanen, was mit dem Geld passieren soll.
Anfang April hatte das Stadtentwicklungsamt Pankow zur „Planungsparty“ auf den renovierungsbedürftigen Spielplatz eingeladen. Gekommen sind AnwohnerInnen, der Landschaftsarchitekt Daniel Oppermann, der im Auftrag des Bezirks den neuen Platz plant, und Kinder der nahe gelegenen Kita und Grundschule, die ihre Ideen vorstellen.
Dass Kinder bei Beteiligungsaktionen nicht vergessen werden, dafür arbeitet Jeanette Münch vom Jugendamt Pankow seit 20 Jahren: „Man braucht einen Erwachsenen, der sich starkmacht für Kinder und Jugendliche, ihnen ihre Rechte mitteilt und dann auch dafür sorgt, dass diese umgesetzt werden.“
Konkret spricht die Sozialarbeiterin, die seit acht Jahren die Ansprechpartnerin für politische Bildung und Beteiligung von jungen Menschen in Pankow ist, von der Umsetzung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Seit 1992 gilt sie in Deutschland. Und in Pankow auf dem Fröbelplatz wird sie dieser Tage zur Grundlage für echte Kiezpolitik. „Alle Mitmachaktionen sind reale Umgestaltungsmaßnahmen. Wir geben den Kindern klare Rahmenbedingungen, dann sind die Wünsche auch realistisch“, sagte Münch.
Bürgerbeteiligung ist in Berlin seit einigen Jahren besonders angesagt, nicht nur im Bezirk Pankow. „Insgesamt gibt es in der Stadt eine Vielzahl unterschiedlicher Beteiligungsformate und -verfahren“, sagt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Er spricht von „weit über 100 in jedem Jahr“. Das Tempelhofer Feld und der Park am Gleisdreieck seien nur die bekanntesten Beispiele für besondere Beteiligungsformen, die parallel zu den gesetzlich vorgeschriebenen Einflussmöglichkeiten existieren, so Pallgen.
Engagement wird gestärkt
Dabei geht es nicht unbedingt darum, dass alles, was vorgeschlagen wird, auch umgesetzt wird – zumindest nicht bei den ganz jungen Menschen. „Haben Kinder und Jugendliche einmal positive Erfahrungen in Beteiligungsaktionen gemacht, bleiben sie meist auch am Ball und engagieren sich weiter“, berichtet Münch aus ihrer Arbeit. Wenn aber die Anregungen der SchülerInnen sogar Wirklichkeit werden, hat das erst recht gute Effekte: Zum einen sei man motivierter, nichts kaputt zu machen; zum anderen gebe es dann zum Beispiel auf einem Spielplatz nicht so viele ungenutzte Spielgeräte.
Der Bezirk Pankow will die Möglichkeiten erweitern, junge Menschen in die Stadtplanung einzubeziehen. In Münchs Büro steht seit Kurzem ein sogenannter Beteiligungskoffer. Bestückt unter anderem mit Maßband, Diktiergerät und Digitalkamera, kann er für zukünftige Mitmachprojekte von Kitas und Schulen in Pankow ausgeliehen werden.
Ob und was in Sachen Neugestaltung des Fröbelplatzes herauskommt, wird sich im Juni zeigen. Dann stellt Landschaftsarchitekt Daniel Oppermann seinen Plan vor, im Herbst soll dann gebaut werden. Anna und Laura wollen auf jeden Fall für die Chille-Ecke kämpfen – wenn sie es bis dahin noch nicht in den Plan geschafft hat.
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