piwik no script img

Kiez mit Rosen und Radieschen

■ Verein will Grünfläche am Pinnasberg in Eigenregie führen Von Heike Haarhoff

„Mitbestimmung von unten“ und „Bürgerbeteiligung“ sind Schlagwörter, mit denen PlanerInnen seit den 70er Jahren fordern, daß Stadtentwicklung nicht für, sondern mit den AnwohnerInnen konzipiert werden muß, wenn sie funktionieren soll. Das haben die zuständigen Behörden inzwischen eingesehen und die schön klingenden Wörter in ihr Vokabular aufgenommen. Nur wenn's dann konkret wird und gar ein Park am Pinnasberg gefordert wird, wie am Mittwoch abend in St. Pauli, reagieren Politiker und Stadtentwicklungsbehörde mit Zurückhaltung: Ihnen präsentierten VertreterInnen des Hafenrandvereins und der Gemeinwesenarbeit (GWA) St. Pauli ein alternatives Modell zur Gestaltung der freien Flächen am Pinnasberg, das die rund 80 im Kölibri anwesenden St. PaulianerInnen aktiv unterstützen wollen.

Wenn es nach ihrem Willen geht, wird es keine neuen Häuser am Pinnasberg geben. Statt dessen möchten die AnwohnerInnen die vorhandenen Grünflächen Kirchgarten und Schauermannspark durch das bepflanzte Dach der geplanten – tiefergelegenen – Sporthalle zumindest optisch zu einem Park verbinden. Außerdem soll der nahe Antoniplatz „vom Parkplatz zum Lebensraum“ umfunktioniert werden. „Wir brauchen die Grünfläche unbedingt“, drängte Jutta Reinitzer vom Hafenrandverein. „Zur Zeit sitzen die Leute direkt hinterm Auspuff, wenn sie im Freien sind.“ Wohnraum sei zwar auch ständige Mangelware, doch die aktuelle Infrastruktur von St. Pauli lasse keine weiteren BewohnerInnen zu.

Die sollen aber kommen - wenn der vor einem Jahr von der Bürgerschaft beschlossene Bebauungsplan „Altona-Altstadt 35“ umgesetzt wird. Er sieht die Wiederherstellung einer geschlossenen Randbebauung südlich der Straße Pinnasberg mit vier- bis sechsgeschossigen Häusern vor. 70 neue Wohnungen sollen dort entstehen, außerdem eine Sporthalle, eine Kindertagesstätte und zwei Seniorenwohnungen.

„Ich könnte mir zwar einen Park vorstellen“, lenkte Catherine Hoja, Leiterin des Landesplanungsamts ein, „aber die Planungen sind schon sehr weit fortgeschritten.“ Beim Planfeststellungsverfahren habe der Park nie eine Rolle gespielt. Und: Würden die städtischen Grundstücke am Pinnasberg nicht verkauft, sondern als freie Flächen belassen, gingen der Stadt drei Millionen Mark flöten. Dem widersprach ein Anwohner: Man habe bereits 1991 auf die Probleme der Verdichtung aufmerksam gemacht. Die AnwohnerInnen sind bereit, ihren Park in Eigenregie zu führen. Ein Arbeitsloser könne als Wächter eingestellt werden. Ansonsten reichen ihre Vorstellungen von Radieschen- bis zu Zierrosenbeeten. Von soviel Engagement von Bürgerseite war auch Arno Münster, SPD-Bezirksabgeordneter in Altona, überrascht: „Ich muß das erstmal alles sortieren.“

Immerhin hat die Steb zugesagt, die Vereins-Vorschläge zu prüfen. Am 2. Mai trifft der sich wieder um 19.30 Uhr im Kölibri.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen