Kieler Bildungsstreit: Wendes Wechselbad
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin kann einen Kompromiss zwischen den Unis Kiel und Flensburg vermelden, muss sich aber Vetternwirtschaft vorwerfen lassen.
![](https://taz.de/picture/110521/14/cybN2_wende_albig_dpa_4sp_4c.jpg)
KIEL taz |Der Mittwoch im Kieler Landtag begann ganz fröhlich: Zwei Mitglieder feierten ihren 60. Geburtstag und die Abgeordneten aller Fraktionen gratulierten mit einem kleinen Ständchen. Aber kurz darauf war es mit dem Einklang vorbei. Korruption, Selbstbedienungsmentalität, Vetternwirtschaft waren nur einige der Vorwürfe der Opposition aus CDU, FDP und Piraten gegen die parteilose Bildungsministerin Waltraud Wende.
Die ehemalige Präsidentin der Universität Flensburg steht seit Wochen wegen eines Gesetzes über die künftige Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein in der Kritik. Der Vorwurf, sie wolle ihre alte Uni auf Kosten der Hochschule in Kiel stärken, erhielt neue Nahrung, als bekannt wurde, dass Wende sich vor ihrem Amtsantritt eine „Rückkehroption“ auf eine Professorenstelle an der Flensburger Hochschule ausgehandelt hatte. Auf diese Option hat sie mittlerweile verzichtet. Aber für die Opposition ist das kein Grund, die Vorwürfe fallenzulassen.
Die Frage ist, ob Waltraud Wende als designierte Ministerin und Noch-Uni-Präsidentin durchgesetzt hat, dass für sie eine Stelle geschaffen wird. „Absurd“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, der der Opposition „miesen parlamentarischen Stil“ vorwarf. Es sei vollkommen normal, vor dem Wechsel in ein politisches Amt über die Zukunft nachzudenken. Er musste sich dafür von Johannes Callsen (CDU) Doppelmoral und parteipolitische Gutsherrenart vorwerfen lassen.
Aus den Regierungsfraktionen von Grünen und SPD erhielt Wende, die sich am Mittwoch im Landtag selbst nicht äußern wollte, aber Unterstützung. Vor allem Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) stärkte ihr erneut den Rücken. Ein Rückkehrrecht sei für Hochschulprofessoren gesetzlich vorgesehen, sagte er.
Das trifft allerdings auf Wende nicht zu. Denn sie wurde von einem Lehrstuhl in den Niederlanden ins Präsidentenamt der Uni Flensburg berufen. Sie war also nie Professorin nach schleswig-holsteinischem Landesrecht – eine potenzielle Gesetzeslücke, sagte Albig dazu. Er hatte ihr im vergangenen April geraten, auf die Lebenszeitstelle zu verzichten, um sie vor einer Schmutzkampagne zu schützen. Ihr Verzicht sei „sehr honorig“, sagt Albig. Die CDU warf ihm dagegen vor, nur auf öffentlichen Druck zu reagieren.
Beendet ist der Streit nicht und heute befasst sich das Parlament erneut mit Wendes umstrittenen Gesetzesentwurf. Auf der Tagesordnung steht der Kompromiss zwischen den Hochschulen und dem Bildungsministerium, der am Mittwoch bekannt wurde. Demnach sollen Lehramtsstudierende in Kiel künftig in 21 und in Flensburg nur in sieben Fächern unterrichtet werden. In einigen Bereichen wie Sport werde die Kooperation der beiden Unis verstärkt.
Die Kieler Universität werde keine Ressourcen verlieren, hieß es aus dem Bildungsministerium. Ziel der Reform sei es, Lehrkräfte auszubilden, die an allen weiterführenden Schularten unterrichten können. Unklarheiten bestehen aber trotz des Kompromisses weiter über die Kosten für die Doppelstruktur.
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