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Kernkraftindustrie: Ersatzmarkt Indonesien

■ Gemeinschaftsplan von Framatome und KWU zum Bau eines KKW auf Java / Das deutsch–französische Duo Infernale reklamiert „gemeinsame nukleare Kultur“

Djakarta (afp) - Die beiden Kernkraftwerkshersteller Framatome (Frankreich) und die deutsche Siemens–Tochterfirma Kraftwerk–Union (KWU) haben am Donnerstag der vergangenen Woche der Regierung in Djakarta eine gemeinsame Vorstudie über den Bau des ersten indonesischen Kernkraftwerkes vorgelegt. Zuvor hatte eine deutsch–französische Delegation den Vorschlag bereits dem indonesischen Energieminister Subroto und dem Minister für Forschung und Technik, Habibie, unterbreitet. Die Verfasser der Studie beschäftigten sich nach Hinweisen aus informierten Kreisen sowohl mit den technischen als auch den finanziellen Gesichtspunkten beim Bau des Kraftwerkes mit einer Jahresleistung von 600 bis 1.000 Megawatt. Als Standort für das Werk hat man die Insel Java gewählt. Dort wohnt der überwiegende Teil der 165 Millionen Indonesier. Im kommenden Monat ist die Vorlage eines zweiten Berichts an die Regierung vorgesehen. Es handelt sich dabei um eine Gemeinschaftsstudie des US–Unternehmens Westinghouse, Mitsubishi Japan und Alzaldo Italien. Die letzte Firma im Wettlauf um den Auftrag ist die „Atomic Energy of Canada“ (AECL), die ihr Projekt bis zum Ende des Monats kanadischen Angaben zufolge vorlegen will. Alle beteiligten Kernkraftwerkshersteller hatten sich zu nächst im Alleingang um das auf ungefähr zwei Milliarden Dollar geschätzte Projekt beworben. Auf Drängen der Regierung hatten sie schließlich in die erzwungene „Firmenheirat“ eingewilligt. Framatome und die KWU hatten als erste Unternehmen dem Wunsch der Regierung im vergangenen Februar entsprochen. Die zu Beginn des kommenden Jahres erwartete Entscheidung ist vornehmlich „von der finanziellen Seite des Projekts“ abhängig. Technische Erwägungen hätten hier eine nachgeordnete Bedeutung, heißt es. Die Auslandsverschuldung beträgt nämlich gegenwärtig mehr als 37 Milliarden Dollar und die Schuldenableistung wurde im Haushaltsplan 1987/88 auf 4,1 Milliarden Dollar - mehr als 80 Prozent der für Entwicklungszwecke vorgesehenen Haushaltsmittel - festgelegt. Um die dringenden Finanzprobleme in den Griff zu bekommen, hat sich das ölpreisabhängige Indonesien auf den BOT– Vertrag (Build, Operate, Transfer) besonnen. Demnach wird die Firmengruppe, die den Auftrag zum Bau des Kernkraftwerkes zugesprochen bekommt, das Werk während 15 Jahren betreiben und die Energie an die staatlichen indonesischen Elektrizitätswerke verkaufen. Anschließend geht das Werk in indonesischen Besitz über. Das BOT–System hat nach Ansicht industrieller Kreise in Djakarta zwei Vorteile: Indonesien muß sich zu Beginn der Bauarbeiten, die acht Jahre dauern sollen, nicht um die nötigen Investitionen kümmern. Zudem müssen sich die Behörden auch nicht mit Sicherheitsproblemen befassen. Allerdings muß die indonesische Regierung im Rahmen dieses Systems Garantien geben. Dazu gehört nach Darstellung indonesischer Wirtschaftskreise die bindende Zusage, die während 15 Jahren hergestellte Elektrizität in harter Währung und nicht in indonesischen Rupien zu bezahlen. Daher enthalte die deutsch– französische Gemeinschaftsstudie zusätzlich einen Finanzierungsplan unter Berücksichtigung indonesischer Wünsche, verlautete aus französischer Quelle. Gleichzeitig wird dabei das „vollkommene Einverständnis zwischen den zwei europäischen Unternehmen“ hervorgehoben, die „durch eine gemeinsame nukleare Kultur verbunden sind“.

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