Kenia will Pressefreiheit kontrollieren: Musterland a. D.

Kenias Präsident Kibaki unterschreibt trotz massiver Proteste ein Gesetz, das seiner Regierung unkontrollierte Kontrolle über die Medien sichert.

Erlangte dank der freien Presse Popularität und Amt - und verteidigt die Pressefreiheit: Raila Odinga. Bild: reuters

NAIROBI taz Das Jahr war erst zwei Tage alt, da brachte Kenias Präsident Mwai Kibaki die Medienwelt des oft für seine Pressefreiheit gefeierten Landes gegen sich auf. "Anti-Mediengesetz unterzeichnet", titelte die größte Tageszeitung Daily Nation - über dem Foto eines geknebelten Mannes.

Es war der Höhepunkt einer wochenlangen Medienkampagne gegen eine Mitte Dezember vom Parlament verabschiedete, umstrittene Gesetzesänderung. Nur der Präsident hätte sie noch aufhalten können. Doch Kibaki gab sich von den Protesten gewohnt unbeeindruckt. "Ich versichere, dass meine Regierung der Pressefreiheit verpflichtet ist", ließ er in ganzseitigen Zeitungsanzeigen verkünden. "Allerdings möchte ich die Medien darauf hinweisen, dass mit Freiheit Verantwortung einhergeht."

Ein Jahr nach den blutigen Unruhen, die mit einer in Kenia bis dahin ungekannten Zensur jeder Liveberichterstattung einhergingen, liegen die Nerven bei Kenias Medienmachern blank. Als im vergangenen Jahr eine Revision des zehn Jahre alten Mediengesetzes angekündigt wurde, schalteten die Medienhäuser sich ein - und bekamen von Regierungsmitgliedern die Zusage, dass besonders umstrittene Passagen des alten Gesetzes gestrichen und neue Paragrafen geändert würden. Doch daraus wurde nichts. "Noch während wir mit dem Minister in Verhandlungen waren, wurde das Gesetz unverändert im Parlament beschlossen", berichtet einer der Verhandlungsführer.

Zu den umstrittenen Gesetzesinhalten gehört die Einrichtung einer mächtigen Kontrollkommission aus Regierungsvertretern. Der Informationsminister bekommt zudem die Befugnis, Sendelizenzen ohne Angabe von Gründen zu annullieren.

Vor allem aber sorgt die Aufrechterhaltung des seit 1998 existierenden Paragrafen 88, der es der Regierung gestattet, im Fall einer nicht näher beschriebenen "Gefährdung öffentlicher Sicherheit" Redaktionen zu durchsuchen und Medieneigentum zu beschlagnahmen, für Entsetzen in der Branche. Erst 2006 hatte die Polizei die Redaktion des Standard nach mehreren regierungskritischen Artikeln durchsucht. Während Medienschaffende gefordert hatten, den Paragrafen zu streichen, tat Kibaki so, als hätte der kritisierte Absatz mit ihm nichts zu tun. "Paragraf 88 steht nicht in der Gesetzesänderung, sondern im alten Gesetz, darüber muss separat verhandelt werden."

Dass derzeit ein Damoklesschwert über den Medienhäusern hängt, dürfte das eigentliche Anliegen der politischen Elite sein, die sich mit wenigen Ausnahmen für das "rückständige und repressive Gesetz" (Reporter ohne Grenzen) starkgemacht hat. Nicht wenige glauben, dass das Gesetz nicht zufällig durch das Parlament gepeitscht wurde, nachdem Abgeordnete in allen Medien für die Weigerung kritisiert wurden, ihre fürstlichen Bezüge besteuern zu lassen.

Einer der wenigen, der sich bis heute den Journalisten stellt, ist Premierminister Raila Odinga, der der freien Presse seine Popularität und sein Amt verdankt. "Es handelt sich um ein schlechtes Gesetz, das mühsam erkämpfte Freiheiten einschränkt - es muss geändert werden", sagte Odinga am Montag während eines Krisengipfels seiner Partei, die von ihrem Koalitionspartner, Kibakis Partei, hintergangen worden sei. Doch dass Odinga nicht einmal ein Jahr nach der Einigung auf eine große Koalition das fragile Bündnis an dem Mediengesetz zerbrechen lässt, gilt als ausgeschlossen.

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